Katalog

Kat. Nr. 1:  Das Grabmal der Isabella von Bayern
Gipsabguss nach dem Grabdenkmal von Pierre de Thury für Isabella von Bayern (ca. 1370–1435) in der Abteikirche Saint Denis, 1425–1429
20. Jahrhundert ?
Gips, 59,5 cm x 50 cm x 32 cm
Paul-Clemen-Museum des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt
Literatur: Bresc-Bautier – Chancel-Bardelot 2016; Wolter von dem Knesebeck 2014

Mit dem Ausbruch der Französischen Revolution kam es zu zahllosen Akten des Vandalismus und Ikonoklasmus, durch die Denkmäler der Monarchie, des Adels oder der Geistlichkeit vernichtet wurden. Kirchen und Paläste wurden geplündert, Kunstwerke zerstört, historische Monumente waren dem Verfall preisgegeben.
In Reaktion auf diese Ereignisse setzte sich Alexandre Lenoir (1761–1839) für den Erhalt des kulturellen Erbes Frankreichs ein. Er verbrachte viele Kunstgegenstände, die als Symbole des alten Regimes nun verhasst waren, in ein aufgelassenes Augustinerkloster, wo er sie in chronologischer Ordnung präsentierte. Ab 1795 war diese Sammlung, die als Musée des Monuments français bekannt wurde, öffentlich zugänglich. Unter den Museumsexponaten befanden sich auch mehrere Grabdenkmäler aus der Abteikirche von Saint-Denis (siehe Abb. unten). Die Grablegen der französischen Könige waren am Höhepunkt der revolutionären Terrorherrschaft systematisch geplündert worden.
Am 17. Oktober 1793 wurden etwa auch die Gräber von Isabella von Bayern (um 1370–1435) und ihrem Gatten, dem französischen König Karl VI., geöffnet und geschändet. Dank Alexandre Lenoir blieb zumindest das marmorne Grabdenkmal Isabellas von Bayern – ein Werk des Bildhauers Pierre de Thury – als Exponat seines Museums erhalten. Im 19. Jahrhundert wurde dieses, so wie auch die anderen Grabdenkmäler, wieder nach Saint-Denis zurückgebracht. Als Nachfolgeinstitution von Lenoirs Museum gründete Eugène Viollet-le-Duc 1882 das Musée de Sculpture comparée, in dem nun nicht mehr originale, aus dem Kontext gerissene Denkmäler, sondern hauptsächlich Gipsabgüsse präsentiert wurden. Auch ein Abguss des oberen Abschnitts des Grabdenkmals von Isabella von Bayern zählte zur Sammlung dieses Museums, die heute in der Cité de l’architecture & du patrimoine im Pariser Palais de Chaillot zu sehen ist. Das Paul-Clemen-Museum des Kunsthistorischen Instituts Bonn verfügt ebenfalls über einen solchen Gipsabguss. Bei diesem Werk handelt sich um ein Dokument eines bis ins 18. Jahrhundert zurückreichenden Bemühens um Erhalt und Dokumentation von Kunstdenkmälern.

(Gernot Mayer)

Isabeau de Bavière
Grabdenkmal für Isabella von Bayern in Saint Denis © Ministère de la Culture (France)
1613604649.jpg
Saal im Musée des Monuments François (Radierung von Jean Baptiste Réville, 1816) © British Museum

Kat. Nr. 2:  Das Palais des Tuileries
Pierre Emonds (zuges.)
Der Pavillon de l'horloge des Palais des Tuileries im Juli 1871
Fotografie
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt
Literatur: Bresc-Bautier (et al.) 2016

Vor dem Hintergrund des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/1871 und der Absetzung von Kaiser Napoleon III. radikalisierte sich in Paris eine revolutionäre Bewegung, die im März 1871 für wenige Wochen die Stadtverwaltung übernahm. Die sogenannte Pariser Kommune, die eine Neuordnung der Gesellschaft anstrebte, erhob gegenüber der neugegründeten Französischen Republik den Anspruch auf Autonomie. Am 21. Mai 1871 marschierten Regierungstruppen in die französische Hauptstadt ein und schlugen den Aufstand der Kommunarden blutig nieder. Im Zuge der Kämpfe um Paris waren nicht nur zahlreiche Tote zu beklagen, sondern auch der Verlust von bedeutenden Denkmälern.
Als die Regierungstruppen im Mai die Stadt rückeroberten setzten Kommunarden zahlreiche Gebäude in Brand, darunter den Louvre, das Rathaus, den Justizpalast wie auch Ministerien und Theaterbauten. Auch das Palais des Tuileries ging in Flammen auf und war, als am 28. Mai die letzten Kommunarden von den Regierungstruppen besiegt worden waren, nur noch eine Ruine. Während andere Bauten, die im Mai 1871 massive Schäden erlitten hatten, wieder hergestellt oder neu errichtet wurden, entschied man sich 1883, die Überreste des Palais des Tuileries abzubrechen. Das mag nicht zuletzt daran liegen, dass dieses Gebäude symbolisch stark besetzt war: Der Tuilerien-Palast geht auf einen 1564 für Katharina de‘ Medici begonnenen Bau zurück, der im Laufe der Jahrhunderte mehrfach erweitert und umgestaltet wurde. Immer wieder diente er als königliche bzw. kaiserliche Residenz. Auch Napoleon III. hatte in den Tuilerien residiert, die unter seiner Regentschaft ausgebaut und kostbar ausgestattet worden waren. Das Palais des Tuileries wurde als Austragungsort von Bällen und Festen zum repräsentativen Zentrum des Dritten Kaiserreichs.
Von der einstigen Pracht ist auf der Pierre Emonds (1831–um 1905) zugeschriebenen Fotografie, die die Brandruine 1871 zeigt, nur wenig zu erahnen. Gleichwohl handelt es sich um ein wertvolles Dokument, das den konkreten Zustand des Baus nach den Kommunarden-Kämpfen belegt. Schon bald nach Erfindung der Fotografie hatten Denkmalpfleger in Frankreich das Potential dieses neuen Mediums erkannt. Die 1837 gegründete Commission des monuments historiques führte ab 1851 eine Fotokampagne zur Dokumentation des französischen Denkmalbestands durch, die sogenannte Mission héliographique, und schuf damit ein Vorbild für ähnliche Inventarisierungsprojekte.
Wie eine rückseitige Beschriftung nahe legt, kann auch das Exemplar von Pierre Emonds Fotografie aus dem KHI auf die Commission des monuments historiques zurückgeführt werden. Allerdings handelt es sich nicht um einen Abzug des 19. Jahrhunderts, sondern um eine viel spätere Reproduktion. Wahrscheinlich wurde sie während des Zweiten Weltkriegs angefertigt, als die deutsche Besatzungsmacht in Frankreich von etwa 5.000 Negativplatten aus dem Fotoarchiv der Commission des monuments historiques neue Abzüge herstellen ließ, von denen jeweils einer an die Institute in Bonn, Berlin, Marburg und Straßburg ging [1].

(Gernot Mayer)

Anmerkungen:
[1] Doll 2003, 1004; Dörler 2021, 216.

Palais des Tuileries. Pavillon de l'horloge
Palais des Tuileries. Pavillon de l'horloge © KHI, Bonn

Kat. Nr. 3: Die Sibylle von Niclaus Gerhaert
Gipsabguss der Büste einer Sibylle (sog. Bärbel von Ottenheim) vom Portal der alten Kanzlei in Straßburg (1463/64)
Datierung: unbekannt
Gips, 52 cm x 31 cm x 31 cm
Paul-Clemen-Museum des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt

Neckisch den Betrachter anblickend lehnt sich die junge Frau aus dem Fenster heraus und scheint leicht zu lächeln. Unter dem locker um den Kopf herum gewickelten Tuch kommt ein ovales Gesicht zum Vorschein. Ihre lange gerade Nase und das Kinn sind spitz nach vorne formuliert, der volle Mund und das Grübchen am Kinn bilden durch die weichere Modellierung einen reizvollen Kontrast. Die porträthaften Gesichtszüge haben die Forschung dazu geleitet, in dem Werk das Abbild einer realen Person zu sehen. Zusammen mit der zweiten Büste vom Portal der alten Kanzlei in Straßburg, die einen alten Mann mit langem Bart und Turban zeigt, soll hier ein berühmtes Liebespaar aus der Entstehungszeit präsentiert sein, Graf Jakob von Hanau-Lichtenberg und seine Geliebte Bärbel von Ottenheim. Die beiden Büsten sind heute nur als Fragmente erhalten, aber ihr ursprüngliches Aussehen ist durch Gipsabgüsse – wie hier im Bestand des Paul-Clemen-Museums – überliefert.
Während die Deutung der beiden Figuren in der Forschung kontrovers diskutiert wurde [1], ist der Bildhauer durch Quellen bekannt. Geschaffen wurden sie von Niclaus Gerhaert von Leyden (1430–1473) im Auftrag des Stadtrats 1463/64. Obwohl die alte Kanzlei 1686 durch einen Brand und während der Französischen Revolution 1789 durch Vandalismus Beschädigungen erlitt, hatten diese Ereignisse kein Einfluss auf die dekorativen Teile des Portals. Nach dem Abriss des Portals Anfang des 19. Jahrhunderts übergab man die beiden Figuren der städtischen Altertumssammlung in der Dominikanerkirche.[2] Im Deutsch-Französischen Krieg wurde die Kirche 1870 bombardiert und fing Feuer. Bei dem Brand wurden auch die beiden Büsten zerstört, deren einstiges Aussehen nur über Gipsabgüsse dokumentiert ist. Auf älteren Fotos der Skulpturen, die noch vor dem Brand enstanden, waren nicht die Originalbüsten aus rotem Sandstein, sondern bereits die Gipsabgüsse zu sehen (Abb. unten). Aus heutiger Sicht eine unverständliche Entscheidung, damals aber gängige Praxis, denn in der Schwarz-Weiß-Fotografie ist die Modellierung anhand der hellen Oberfläche besser nachvollziehbar.[3]
Erst 40 Jahre später tauchte der Kopf der männlichen Büste im Geschichtsmuseum in Hanau auf. Wie das Fragment dorthin gelangte, ist unbekannt. Möglicherweise hat ein deutscher Soldat das Fragment in den Ruinen der Dominikanerkirche gefunden und diesen in seine Heimat mitgenommen. 1915 gab man den Kopf in den Straßburger Museumsbestand zurück. Während die Geschichte des sog. Jakob von Lichtenberg also schnell ein gutes Ende fand, wurde die weibliche Figur aus dem Portal zum Zankapfel der Nationen. Anders als beim männlichen Kopf konnte ihre Provenienz nach dem Brand von 1870 geklärt werden[4]: 1871 kaufte der Prähistoriker Christian Mehlis (1850–1933) das Fragment – auch von ihr war nur der Kopf erhalten (Abb. rechts) – von einem Trödler in Straßburg. Nach seinem Tod erwarb das Historische Museum in Speyer das Fragment, wo es schnell als „Bärbel“ von der Alten Kanzlei erkannt wurde. Damit begann das Tauziehen um das Kopffragment, dessen Wert Dank der Identifizierung deutlich gestiegen war. Während die Erben Mehlis´ sie zurückforderten, belegte die deutsche Regierung das Fragment mit einem Ausfuhrverbot. Drei Museen – in Berlin, Straßburg und Frankfurt – bemühten sich um den Erwerb des Kopfes, den man zu den wichtigsten Werken der deutschen Kunst zählte. Der Briefwechsel zwischen den Kunsthistorikern sowie die Zeitungsberichte machen deutlich, wie in dieser Zeit Kunst politisch funktionalisiert wurde. Den wahrscheinlich aus den Niederlanden stammenden Niclaus Gerhaert beschrieb man als „größten nationalen Bildhauer“ und für die „Bärbel“ bemaß man dieselbe Bedeutung wie für Nofretete: wenn sie nach Berlin käme, wäre sie „für alle ein Symbol der deutschen Kunst“[5]. Aber anstatt dem Museum in Berlin gelang es dem Frankfurter Städel-Museum, das Fragment 1935 zu kaufen. Die Nachricht über die Neuerwerbung wurde in der deutschen Presse „wie ein nationaler Sieg“[6] gefeiert.

(Hilja Droste)

Anmerkungen:
[1] Zur Forschungsdiskussion über die Deutung der beiden Figuren siehe: Maek-Gérard 1985, 247 und Dupeux 2011. Seit Anfang der 20. Jhs. sprechen sich die meisten Forscherpositionen für die Deutung der beiden als Prophet und Sibylle aus.
[2] Rosebrock 2012, 109.
[3] Dupeux 2011, 97.
[4] Ausführlich zur Erwerbungsgeschichte der weiblichen Büste siehe Rosebrock 2012.
[5] Brief von Theodor Demmler (Direktor der Deutsche Museum in Berlin) an Otto Schmitt am 7. August 1934. Zitiert nach: Rosebrock 2012, 114.
[6] Ebenda, 119.

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Niclaus Gerhaert, Kopffragment einer Sibyllenbüste (sog. Bärbel von Ottenheim) vom Portal der alten Kanzlei in Straßburg, 1463, Frankfurt am Main, Liebieghaus Skulpturensammlung / Bildnachweis: Niclaus Gerhaert. Der Bildhauer des späten Mittelalters, Ausst.-Kat. des Liebighaus, Frankfurt a. M. und des Musée de l'Oeuvre Notre-Dame, Straßburg, hrsg. von Stefan Roller, Petersberg 2011, S. 210, Abb. 2b.2 © Liebighaus, Frankfurt
L’Ange au Sourire, avant e après, Postkarte, um 1914
Charles Winter, Fotografie von den Gipsabgüssen der Büsten des sog. Jakob von Lichtenberg und der sog. Bärbel von Ottenheim, Bulletin de la Société pour la Conservation des Monuments Historiques d´Alsace, Straßburg 1860, Bd. III © Niclaus Gerhaert. Kat. Ausst. 2011, S. 99, Abb. 104

Kat. Nr. 4: Die Universitätsbibliothek von Löwen (I)
Unbekannte*r Fotograf*in (eventuell Richard Hamann)
Die zerstörte Universitätsbibliothek Löwen
1918
Fotografie, 23 x 17 cm
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt
Literatur: Matyssek 2009

Die Fotografie zeigt eine Fassadenwand der zerstörten Universitätsbibliothek von Löwen in Belgien. Der Abzug ist auf einen Karton montiert, welcher verschiedene Stempel auf der Rückseite erkennen lässt: Zum einen jenen des Kunsthistorischen Instituts Bonn und zum anderen den Aufdruck „Belgische Inventarisation“. Auf der Vorderseite ist „Löwen, Universität, Bibliothek“ handschriftlich vermerkt sowie am rechten unteren Bildrand die Nummer 994. Die Aufnahme bildet mit fünf weiteren Fotografien der Löwener Universitätsbibliothek, die, mit 992 beginnend, gleichermaßen nummeriert sind, eine Reihe. Diese Reihe entstand womöglich 1918 im Rahmen des militärischen ‚Kunstschutzes‘ im Ersten Weltkrieg. Auslöser für die ‚Kunstschutz‘-Offensive, die von Paul Clemen geleitet wurde, war die Zerstörung der hier zu sehenden Bibliothek am 25./26.08.1914 und die damit verbundene Kritik an der deutschen „Barbarei“. Die durch deutsche Truppen besetzten Gebiete wurden daraufhin einer fotografischen Bestandsaufnahme unterzogen. Schon als Professor für Kunstgeschichte in Bonn und als Provinzialkonservator hatte Clemen Fotoabzüge gesammelt und diese unter anderem für seine Forschung genutzt. Während aber die vor 1914 erworbenen Fotografien – den Lehr- und Studienzwecken entsprechend – stets intakte Gebäude zeigen, ist auf unserem Abzug eine Kriegsruine zu sehen. Die fotografische Dokumentation dieser Ruine könnte mit der im Ersten Weltkrieg von deutscher Seite stark forcierten Propaganda im Zusammenhang stehen. Der Unterschied im Bildausschnitt und in der Gestaltung der gezeigten Fotografie im Vergleich zu den sonst bekannten Aufnahmen der ‚Kunstschutz‘-Kampagne werfen Fragen bezüglich des Entstehungskontextes auf. Am rechten oberen Bildrand ist eine dunkle Stelle, wohl Folge eines Belichtungsfehlers, zu erkennen. Darüber hinaus wurde die Ruine der Bibliothek nicht frontal, sondern aus einer schrägen  Perspektive aufgenommen. Der Vordergrund wird durch Mauer- und Gebäudereste eingenommen. Eine andere Fotografie aus der besagten, durchnummerierten Reihe wird Richard Hamann zugeschrieben (Vgl. Kat. Nr. 5). Durch Briefwechsel ist nachzuvollziehen, dass Hamann im April 1918 unter anderem auch in Löwen fotografierte.[2] Clemen mahnte sogar mehrmals die Qualität seiner Bilder an, aus welchem Grund eine Zuschreibung Hamanns als Fotograf nicht auszuschließen ist.[3] Der Abzug kam möglicherweise schon kurz nach der Aufnahme ans Bonner Institut [4], wohingegen das zugehörige Negativ dieser Fotografie heute in Brüssel, im Königlichen Institut des Kulturerbes (KIK-IRPA), verwahrt wird.[5] Im Rahmen der durch den Versailler Vertrag vereinbarten Reparationen erhielt die Universitätsbibliothek in Löwen einen kompletten Satz dieser Negative.[6] 1926–1927 kaufte Belgien mehr als 10.000 der Fotoplatten an. Dies lässt offen, wie letztendlich die Fotografie an das KHI in Bonn kam und für welchen Zweck sie hier genutzt wurde.

(Tanja Schmidt)

Anmerkungen:
[1] Matyssek 2009, 180.
[2] Matyssek 2009, 180.
[3] Matyssek 2009, 175.
[4] Siehe den Eintrag in der Datenbank des Königlichen Instituts des Kulturerbes (KIK-IRPA) in Brüssel, URL: https://balat.kikirpa.be/photo.php?path=B019591&objnr=118156&lang=en-GB&nr=266 (letzter Zugriff: 12.06.2023)
[5] Matyssek 2009, 178.

Universitätsbibliothek Löwen
© KHI, Bonn

Kat. Nr. 5: Die Universitätsbibliothek von Löwen (II)
Richard Hamann
Ruine der Universitätsbibliothek Löwen mit Werbeschild des Fotografen Jules van Grinderbeek
1918
Fotografie,  22,5 x 17 cm
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt
Literatur: Gaethgens 2018, 184; Goege 1991, 150, 151; Kott – Neumayer 2019, 67

Im Verlauf der Angriffe der deutschen Truppen auf die belgische Stadt Löwen zwischen dem 25. und 28. August 1914 wurde auch die altehrwürdige Universitätsbibliothek in Brand gesetzt.[1] Die Bilder der Ruine verbreiteten sich rasch in der Öffentlichkeit und erzählten von den barbarischen Taten der deutschen Angreifer, die dadurch endgültig ihr Ansehen verloren.[2] Als propagandistische Reaktion auf diese Geschehnisse wurde der deutsche ‚Kunstschutz‘ ins Leben gerufen.[3] Die Fotografie zeigt die Fassade der zerstörten Bibliothek, die als stilles Zeugnis der Verwüstung geblieben ist. Von dem Dach eines Gebäudes, auf dem die Aufnahme entstanden sein muss, erhält man einen guten Gesamteindruck der Überreste der Bibliothek. Abgeblätterter Wandputz, ein fehlendes Dach, zerbrochene Fensterscheiben und Löcher in der Fassade dokumentieren das Ausmaß „Deutschlands ‚Krieg gegen die Kultur‘“.[4] Im Streiflicht kann in der unteren rechten Ecke die Zahl 992 erkannt werden. Die Nummerierung ermöglicht es, diesen Abzug mit weiteren Aufnahmen der Universitätsbibliothek von Löwen, die wohl am selben Tag aufgenommen wurden, in Verbindung zu bringen.[5] Bei genauerer Betrachtung der Fotografie fällt ein Schild in der unteren linken Bildhälfte auf. Es handelt sich um das Werbeschild des belgischen Fotografen Jules van Grinderbeek (1870–1936).[6] Durch die deutsche Invasion 1914 wurden auch die Geschäftsräume des Fotografen in der Rue de Namur 23 zerstört, weshalb van Grinderbeek 1918 mit seinem Fotostudio ein paar Häuser weiterziehen musste. An diesem vorübergehenden Studio brachte er sein Werbeschild an, das auf der Fotografie zusammen mit der zerstörten Bibliothek zu sehen ist.[7] Dieses Detail liefert den wertvollen Hinweis, dass diese und die weiteren vier Aufnahmen aus der Reihe noch im selben Jahr entstanden sein müssen. [8]

(Nina Berger)

Anmerkungen:
[1] Vgl. Goege 1991, 150 f.
[2] Vgl. ebd. 151.
[3] Vgl. Gathgens 2018, 184.
[4] Kott – Neumayer 2019, 67.
[5] Nr. 992 bis Nr. 996, vgl. Kat. Nr. 4.
[6] Vgl. Directory of Belgian Photographers URL: https://fomu.atomis.be/index.php/van-grinderbeek-jules;isaar (letzter Zugriff: 09.06.23)
[7] Vgl. ebd.
[8] Diese Datierung bestätigen auch die Einträge in den Datenbanken der beiden Institutionen, die jeweils ein Negativ unserer Aufnahme beherbergen. Siehe: Brüssel, KIK-IRPA (Aufnahme-Nr. B019550) und Bildarchiv Foto Marburg (Aufnahme-Nr. 197.154).

Universitätsbibliothek Löwen
© KHI, Bonn

Kat. Nr. 6: Die Kirche Sint Pieter in Löwen
Theodor von Lüpke, Preußische Messbildanstalt
Westfassade der St. Peterskirche in Löwen
1918
Fotografie, 29 x 33 cm
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt
Literatur: AK Löwen, 321, 323, 353; Horsten 1998, 44; Mertens 1958, 1f.; Vanhellemont 2022, 40–61. Voordeckers – Mellaerts – Gieben 2001, 5f.

Die Fotografie der St. Peterskirche gibt die kriegsbedingte Zerstörung dramatisch wieder: Fenster und Teile der Fassade sind beschädigt, die Straße wird von Schutt bedeckt und der Turm, der ein markantes Merkmal der Kirche gewesen sein muss, scheint eingestürzt. Doch tatsächlich war der Westturm, der von Fialen und bindendem Maßwerk geschmückt wird, vor Kriegsbeginn nicht viel höher: Als der gotische Bau im 16. Jahrhundert errichtet wurde, entwarf Bauherr Joost Metsys einen rechteckigen Baukomplex mit drei Türmen, von denen der mittige eine Höhe von 168 Metern erreichen sollte, während die flankierenden Seitentürme etwa 131 Meter hoch geplant waren. 1541 mussten die Arbeiten am Westwerk allerdings eingestellt werden, da Metsys Entwürfe zu simpel für das statisch-komplexe Bauvorhaben waren und der Turm durch den nachgiebigen Boden und den Mangel an stützenden Ankern bereits während der Bauzeit einzustürzen drohte. Ein Modell der von Metsys geplanten Turmfassade ist heute im südlichen Querhaus zu besichtigen, welches sich vor dem Krieg im Stadtmuseum des Rathauses befand. Obwohl der Turm nicht die geplante Höhe erreichte, stürzte er 1604 in Teilen ein, wodurch er seine heutige Größe erhielt [1]; der Zustand des Turms, wie ihn die Fotografie von 1918 dokumentiert, war also nicht kriegsbedingt. Dies passte in das propagandierte Narrativ der Belgischen Inventarisierungskampagne: Durch vielfache Aufnahmen der St. Peterskirche wollte man beweisen, dass, entgegen der Darstellungen der Franzosen, die Kriegsschäden nur minimal ausgefallen seien und die deutschen Truppen vielmehr den Erhalt der Kirche intendiert haben. Dafür sprechen auch weitere Aufnahmen der Fotosammlung, die vorwiegend die erhaltenen Bestandteile des Baus anstatt beispielsweise der zerstörten Seitenkapellen und Kirchenschätze zeigen (vgl. Abb. unten).
Der Westturm enthält allerdings auch das Glockenspiel der Kirche, das sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg unter der deutschen Besatzung litt. Durch den Brand der Kirche 1914 stürzten die Glocken herab, wurden zerstört und erst 1932 ersetzt. Im Zweiten Weltkrieg beschlagnahmten deutsche Truppen das Glockenspiel und transportierten es ab; nach dem Krieg konnte es allerdings unbeschädigt zurückgeführt werden und befindet sich noch heute im Westturm.
Anhand der Fotografie, die den spätgotischen Lettner in der St. Peterskirche zeigt (siehe unten), ist kaum zu erkennen, dass sie während des Ersten Weltkriegs in einem kriegsgeschädigten Bau als Teil der Belgischen Inventarisation entstand. Die Aufnahme zeigt das intakte, saubere Innere der Kirche und präsentiert dem Betrachter einen der wichtigen Kirchenschätze, den spätgotischen Lettner, ebenfalls unversehrt. Im Unterschied zur barocken Kanzel wurde der Lettner nicht zum Schutz vor Kriegsschäden gesichert, oder die Schutzvorrichtung wurde zu Ende des Krieges bereits abgenommen, als weitere Bedrohungen ausgeschlossen schienen. Als ehemaliger Raumabschluss zwischen dem für Kirchenbesucher bestimmten Mittelschiff und dem Hochchor der Kanoniker, weist der Lettner eine reiche Ornamentik auf, die durch das weiche Material möglich war. Die unteren Quadersäulen tragen drei Korbbögen, die sich zur figurenreichen Ornamentik heben und den Blick auf den Chor begrenzt freigeben. Nicht nur der Lettner, sondern auch der daran angrenzende Chorraum bilden ein vortreffliches Beispiel für den Stil der Brabanter Kathedralgotik des 15. und 16. Jahrhunderts, der mittels klarer Strebepfeiler und -bögen sowie einer zurückhaltenden Ornamentik die klare Linienführung betont.
Die Kommission der Belgischen Inventarisationskampagne bildete hier bewusst ein unversehrtes, wertvolles Objekt ab, während zerstörte, beziehungsweise beschädigte Kirchenschätze wie das Holzkreuz Christi, welches sich ursprünglich auf dem Altar unter dem Lettner befand, nicht gezeigt werden. Von dem genannten romanischen Kruzifix aus Eichenholz, das aufgrund der besonderen, losgelösten Armhaltung bekannt war, ist heute nur noch der Christuskopf erhalten, der während des durch deutsche Soldaten gestifteten Brands von 1914 gerettet werden konnte. Das Objekt war insofern von Bedeutung, da es vermutlich Teil einer größeren Statuengruppe und im Zuge der Volksverehrung Teil von Stadtprozessionen war. Der erhaltene Kopf Christi kehrte erst 1955 in die St. Peterskirche zurück, nachdem er in Frankreich wiedergefunden worden war.

(Jasmin Roth)

Anmerkungen:
[1] Die Reste des eingestürzten Turms waren lange Zeit von der Südseite zu erkennen, doch durch die letzte Restaurierung wurden diese mit Schieferplatten überdeckt. Die Fotografen der Belgischen Inventarisierungskampagne hielten diese Stelle 1917/18 noch fest.

Westfassade der St. Peterskirche in Löwen
Westfassade der St. Peterskirche in Löwen © KHi, Bonn
L’Ange au Sourire, avant e après, Postkarte, um 1914
Theodor von Lüpke, Der Lettner der St. Peterskirche in Löwen, 1918 © KHI, Bonn

Kat. Nr. 7:  Der Zustand der Kunstdenkmäler auf dem westlichen Kriegsschauplatz
Paul Clemen
Der Zustand der Kunstdenkmäler auf dem westlichen Kriegsschauplatz
Leipzig (E. A. Seemann) 1916
48 S.
Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Literatur: Goege 1991

Vom 28.–29. August 1915 richteten die deutschen Besatzer in Brüssel eine Kriegstagung für Denkmalpflege aus.[1] Kunsthistoriker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz waren zusammengekommen, „um die durch die moderne Kriegführung geschaffenen neuen Probleme der Denkmalpflege zu erörtern.“[2] Unter die Diskussionen um den militärischen „Kunstschutz“ mischte sich jedoch auch unverhohlene Kriegspropaganda. Allein schon die Wahl eines Tagungsorts im okkupierten Belgien verdeutlicht, wie sich Kunstgeschichte und Denkmalpflege in den Dienst der imperialistischen Expansionspolitik Deutschlands stellte.
Paul Clemen hielt am Beginn dieses Kongresses einen einführenden Vortrag, der kurz darauf auch in der Zeitschrift für bildende Kunst erschien. 1916 wurde dieser Text in Form eines eigenständigen Sonderdrucks unter dem Titel Der Zustand der Kunstdenkmäler auf dem westlichen Kriegsschauplatz im Verlag E. A. Seemann neuerlich publiziert.
Schon die Vorrede dieses Buches, die von einem ebenso pathetischen wie chauvinistischen Tonfall geprägt ist, gibt zu verstehen, dass es Paul Clemen bei seiner Darstellung nicht um einen seriösen Tatsachenbericht ging. In dieser Schrift verteidigt Clemen vehement das Vorgehen der deutschen Armee gegen die „maßlosen und törichten Vorwürfe“[3] der Kriegsgegner, bei denen es sich schlicht um haltlose Verleumdungen handle. Er spielt die Zerstörungen – wie sie sich etwa 1914 in Löwen ereignet haben – herunter und marginalisiert zugleich die kunsthistorische Bedeutung der betroffenen Denkmäler. Die Deutschen haben sich nach Clemens Darstellung dadurch ausgezeichnet, dass sie viele Kunstwerke gerettet hätten. So hebt er etwa die „aufopfernden Bemühungen des Kommandanten der deutschen Truppen“ hervor, der in Löwen mehrere Häuser „sprengen ließ, damit das Rathaus nicht von den Flammen ergriffen werde.“[4] Die Schuld sieht Clemen wenig überraschend bei den Kriegsgegnern, allen voran bei den Franzosen, die schon in der Vergangenheit mehrfach als zerstörungswütige Nation aufgetreten seien, um Kunstdenkmäler zu vernichten.
Bemerkenswert an der Publikation von 1916 ist deren reiche Illustration. Für die Bilderstrecke mit vielen Vorher-Nachher-Aufnahmen bediente sich Clemen oft anderer Veröffentlichungen. So finden sich bei einigen Büchern aus der Bonner Institutsbibliothek Gebrauchsspuren, Markierungen oder gar Retuschen (vgl. etwa Henri Jadart, Reims. Les Cités meurtries, Paris 1914), die Clemens Auswahl von Illustrationen nachvollziehbar machen. Mehrfach legt Clemen Bildfälschungen der Kriegsgegner offen, nutzt allerdings selbst die Fotografie als Mittel der Manipulation. So zeigt er etwa im Fall der Kirche Sint-Pieter in Löwen bewusst solche Ansichten, die suggerieren, dass das Innere des Sakralbaus von dem Brand von 1914 weitgehend verschont geblieben sei.

(Gernot Mayer)

Anmerkungen
[1] Vgl. Kriegstagung für Denkmalpflege. Stenographischer Bericht, Berlin 1915.
[2] Clemen 1916, 1.
[3] Ebenda.
[4] Clemen 1916, 9.

Der Zustand der Kunstdenkmäler
© KHI, Bonn

Kat. Nr. 8:  Kunstschutz im Kriege
Paul Clemen (Hg.)
Kunstschutz im Kriege
Leipzig (E. A. Seemann) 1919
Band 1: Die Westfront
Band 2: Die Kriegsschauplätze in Italien, im Osten und Südosten
Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Literatur: Kott 2006; Born – Störtkuhl 2017; Fuhrmeister 2021

Mit der von Paul Clemen herausgegeben zweibändigen Publikation Kunstschutz im Kriege wurde kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs eine Bilanz gezogen. Eine Bilanz über ein vier Jahre andauerndes Engagement von Kunsthistorikern und Archäologen für den Schutz von Denkmälern an den unterschiedlichen Kriegsschauplätzen: So zumindest die Selbsteinschätzung der Autoren.
Die Anfänge des deutschen „Kunstschutzes“ gehen auf den Herbst 1914 zurück als Kunsthistoriker wie Otto von Falke oder Paul Clemen ihre Gutachtertätigkeit in dem von deutschen Truppen besetzten Belgien starteten. Bald wurden entsprechende Berichte über Kriegsbeschädigungen auch für Nordfrankreich verfasst. Im Herbst 1915 kam es zu Einsätzen an der Ostfront und im Januar 1917 wurde der „Kunstschutz“ auf das ganze Kriegsgebiet ausgeweitet. Als Aufgaben des „Kunstschutzes“ galten neben der Dokumentation von kriegsbeschädigten Denkmälern auch deren Sicherung, ferner die Bergung mobiler Kunstgegenstände sowie die Durchführung prophylaktischer Schutzmaßnahmen. Tatsächlich gelang es aber nicht, diese hehren Ziele umzusetzen. Nur in seltenen Fällen sind proaktive Sicherungen von Bauten durch das Abschirmen mit Sandsäcken, durch das Errichten von Notdächern oder Schutzbauten dokumentiert. Stattdessen nutzten die Beteiligten oftmals die Situation für eigennützige Forschungsinteressen, ließen ihre Tätigkeit für Propagandazwecke missbrauchen oder lieferten wissenschaftliche Argumente für Kunstraubpläne. Der Kunsthistoriker Hermann Burg, der selbst in Frankreich im Bereich des „Kunstschutzes“ tätig war, zog 1920 folglich ein äußerst kritisches Resümee und hinterfragte zugleich die Publikation Kunstschutz im Kriege: „Das Ergebnis des Kunstschutzes liegt klar vor allen Augen, es bietet kaum Veranlassung, ein Propagandawerk zu verbreiten, dessen Ausstattung und Umfang in sonderbarem Mißverhältnis zu dem Geleisteten stehen.“[1]
Bezeichnenderweise fehlte die kritische Stimme Hermann Burgs in der zweibändigen Bilanz, die von Paul Clemen herausgegeben wurde, an der sich etwa Otto von Falke, Theodor Demmler, Otto Grautoff, Max Dvořák oder Hans Tietze beteiligten. Kritik war bei dieser aufwändig gestalteten Publikation, die vom deutschen Auswärtigen Amt mitfinanziert wurde und auch auf Englisch und Französisch erschien [2], ohnehin nicht gefragt. Es galt vielmehr, sich gegenüber einer internationalen Leserschaft zu rechtfertigen und das Narrativ der 'Kulturnation Deutschland' fortzuschreiben. Der Publikation wurde nämlich "erhebliche politische Bedeutung" [3] beigemessen, sollte sie doch nach ursprünglichen Plänen die Friedensverhandlungen positiv beeinflussen [4].

(Gernot Mayer)

Anmerkungen:
[1] Burg 1920, 6. Burg kritisiert in seinem Buch die mangelnde Organisation und Durchsetzungskraft des "Kunstschutzes" und hinterfragt den tatsächlichen Einfluss von Paul Clemen. Anstatt für den Schutz von Denkmälern seien Kunsthistoriker etwa für die Begutachtung von Kunstgegenständen aus Metall verantwortlich gewesen, die der Bevölkerung in besetzten Gebieten entzogen und eingschmolzen wurden. Burg begreift den "Kunstschutz" folglich als eine hohle Phrase und Clemens Publikation von 1919 als von wilhelminischen Pathos getragene Propagandaschrift.
[2] Born – Störtkuhl 2017, 9.
[3] Siehe Schreiben von Generalleutnant Wilhelm Hahndorff, 22. April 1918, in: Brauweiler, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, NL Clemen.
[3] So bezeichnete Clemen als ursprüngliches Ziel der Veröffentlichung, dass „diese Publikation noch für die Friedensverhandlungen“ verwendet werde und die Arbeit der Unterhändler unterstütze. Siehe: Paul Clemen an Ministerialdirektor Walter Simons, 3.2.1919, Brauweiler, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, NL Clemen.

Kunstschutz im Kriege
© KHI, Bonn

Kat. Nr. 9:  Die Kirche Notre-Dame in Reims
Séraphin Médéric Mieusement (zugeschr.)
Westfassade der Kirche Notre Dame in Reims
Spätes 19. Jahrhundert
Fotografie
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt

Aufgenommen wurde die Fotografie mit frontalem Blick auf die Westfassade der Kathedrale von Reims aus der heutigen Rue Rockefeller. Laut einer handschriftlichen Notiz auf dem Kartonbogen, auf dem der Abzug montiert ist, dokumentiert die Schwarz-Weiß-Fotografie den Zustand der Krönungskathedrale vor dem Ersten Weltkrieg. Diese vage Datierung kann durch Beobachtungen weiter konkretisiert werden: Die Straßenbahnschienen, die auf der Fotografie deutlich ausgemacht werden können, wurden erst um 1880 in Reims verlegt, sodass die Kathedrale nicht früher abgelichtet worden sein kann. Ein Signet, das auf dem Abzug unten links zu sehen ist, verweist auf einen Fotografen aus den Reihen der Commission des monuments historiques (gegr. 1837). In Frage kommt etwa Séraphin Médéric Mieusement (1840–1905), der 1883 mit der Anfertigung eines Katalogs von gotischen Kathedralen beauftragt wurde, der jährlich erscheinen sollte. Das entsprechende Bildmaterial sollte sowohl der Denkmalpflege als auch der Forschung zugänglich gemacht werden.[1] Dies war nicht selbstverständlich. Sämtliche Fotografien im Zusammenhang mit der Mission héliographique aus den 1850er-Jahren wurden archiviert und waren für die Öffentlichkeit nicht einsehbar.[2] Tatsächlich finden sich im Amsterdamer Rijksmuseum und in den Archiven des Ministère de la Culture weitere Aufnahmen der Kathedrale aus den 1880er-Jahren, die Mieusement zugeschrieben werden. In einigen finden sich ebenfalls die Stütze über dem linken Westportal und der Bauzaun vor dem rechten Portal, die wohl im Zuge der Restaurierung ab 1860 angebracht worden waren. Die Restaurierungsarbeiten reichten bis ins 20. Jahrhundert und wurden im September 1914 durch die verheerenden Bombardierungen im Ersten Weltkrieg unterbrochen.[3] Das Gerüst an der Fassade fing Feuer und entzündete das bleierne Dach, welches schmolz, sich in den Innenraum ergoss und auf die Skulpturen tropfte.[4] Vor diesem Hintergrund erscheinen die dokumentarischen Maßnahmen der französischen Denkmalschutzbehörde umso wichtiger. Angestoßen wurde dieses neue Bewusstsein für nationale Denkmäler vor allem durch die romantische Wiederentdeckung der Gotik im 19. Jahrhundert. Schon Victor Hugo rief in seinem Roman Notre Dame de Paris 1831 zur Bewahrung der gotischen Kathedralen auf, bilden sie doch einen wichtigen Teil der nationalen Identität der Franzosen. Als Reaktion auf diesen Aufruf wird 1837 die Commission des monuments historiques gegründet und bildet damit den Beginn des Denkmalschutzes in Frankreich.[5]

(Hannah Kerlin)

Anmerkungen:
[1] Noell 2016, 30.
[2] Fourestié – Gui 2020.
[3] Sauvageot – Demouyv 2001, 231.
[4] Gaehtgens 2018, 41.
[5] Ebenda, 188.

Westfassade der Kirche Notre Dame in Reims
Westfassade der Kirche Notre Dame in Reims © KHI, Bonn

Kat. Nr. 10:  Le Sourire de Reims
Unbekannte*r Fotograf*in
Engel (Gewändefigur am nördlichen Westportal der Kathedrale von Reims), sog. ‚Sourire de Reims‘
1926/1927
Fotografie, 18 x 14 cm
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt
Literatur: Demouy 2009, Abb. S. 1610, S. 1615, S. 1617, S. 1625

Der Kunstschutz in Deutschland entstand als Reaktion auf die internationale Presse, die Deutschland nach dem Brand der Bibliothek in Löwen und der Beschießung der Kathedrale von Reims am 19. September 1914 mit barbarischen Hunnen gleichstellte und als kunst- und kulturfeindlich bezeichnete. Diese Beschuldigungen wurden von deutscher Seite gänzlich abgestritten und vor allem beim Brand in Reims beruhten die Schuldzuweisungen und Vorwürfe der Missachtung der Haager Konventionen auf Gegenseitigkeit. Die Zerstörung der Kathedrale wog durch deren nationale Bedeutung schwer und steuerte zu dem Konflikt der Kulturen, auf dem der Erste Weltkrieg basierte, weiter bei.[1] In einem Bilderkrieg aus Fotos, Karikaturen und auch manipulierten Bildern wurde Reims in Flammen rund um die Welt verschickt, wobei die Kathedrale als Märtyrerin dargestellt und so zur Kriegspropaganda genutzt wurde. Eine wichtige Rolle spielten dabei ebenfalls die Skulpturen des nördlichen Westportals, unter ihnen befindlich Le Sourire de Reims. Der Engel an der Seite des heiligen Nikasius ist durch sein seliges Lächeln bekannt und auch auf Briefmarken gedruckt worden, der Kopf wurde jedoch durch die Erschütterungen des Angriffs beschädigt und abgetrennt. Die Fotos vor und nach dem Unglück wurden vergleichend nebeneinander gestellt, um so den verursachten Kriegsverlust zu verdeutlichen. Vor allem die Ansicht des ehemals lächelnden und nun zerstörten Engels zielte auf emotionale Anteilnahme ab und wurde auf Postkarten (siehe Abb. unten) in Umlauf gebracht. Die Methode des Bildvergleiches war ein effektives Mittel, um großes Entsetzen über die Bombardierung, die einem Verbrechen gegen die Zivilisation glich, hervorzurufen.[2]
Nachdem die Überlegung, die Ruinen als Mahn- und Denkmal der Gefallenen stehen zu lassen und die Kathedrale als symbolische Märtyrerin zu zelebrieren, verworfen wurde, entschloss man sich am 17. April 1919 für einen Wiederaufbau, der am 10. Juli 1938 seinen Abschluss fand. Am 13. Februar 1926 erhielt die Statue ihren Kopf zurück, weshalb die von Foto Marburg stammende Fotografie kurz darauf entstanden sein muss.[3]

(Lena Steffen)

Anmerkungen:
[1] Vgl. Hädler 2014, 7f.
[2] Vgl. Gaehtgens 2018, 115.
[3] Vgl. Demouy 2009, 1618.

Westfassade der Kirche Notre Dame in Reims
© KHI, Bonn
L’Ange au Sourire, avant e après, Postkarte, um 1914
L’Ange au Sourire, avant e après, Postkarte, um 1914 © Wikimedia Commons

Kat. Nr. 11: Belgische Kunstdenkmäler
Paul Clemen (Hgg.)
Belgische Kunstdenkmäler
1923
Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt
Literatur: Kott 2006, 166–200; Kott – Claes 2018, 188–195.

Im Sommer 1917 initiierte Paul Clemen ein großes Inventarisierungsprojekt der belgischen Kunstdenkmäler. Clemen hatte zu diesem Zeitpunkt bereits viel Erfahrung mit der Erstellung von Denkmalverzeichnissen gesammelt: Seit 1891 gab er die Publikationsreihe Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz heraus, in der bis 1937 56 Bände erscheinen sollten. Dass er diese Arbeit nun auch jenseits der Grenzen des Deutschen Reiches fortsetzen wollte, veranschaulicht, wie der imperialistische Expansionswille damals auch die Kunstgeschichte erfasst hatte. An ein ähnlich akribisches Vorgehen wie bei der Inventarisierung der Rheinprovinz war in dem von der deutschen Armee besetzten Belgien nicht zu denken. So beschränkte sich die unter dem Titel „Belgische Inventarisation“ laufende Kampagne tatsächlich auf die fotografische Aufnahme der bedeutendsten Baudenkmäler, wie Clemen selbst einräumte:

„Der Ausdruck Inventarisation, den wir der Einfachheit halber gewählt haben, erscheint vielleicht irreführend, weil dadurch, deutschen Vorbild folgend, der Hinweis auf die Forderung einer gewissen Vollständigkeit und überhaupt einer statistischen Behandlung gegeben ist. […] Wir müssen und notwendig beschränken und zwar in erster Linie auf diejenigen Objekte, die von erheblicher allgemeiner kunstgeschichtlicher Bedeutung sind. […] Der Zweck unseres Unternehmens ist ja nicht, ein belgisches Inventar zu schaffen, sondern für die deutsche Forschung das Material bereitzustellen.“[1]

Für diesen Zweck wurden Verträge mit Fotograf*innen, wie Paula Deetjen oder Franz Stoedtner, abgeschlossen und Kooperationen mit Richard Hamann (Bildarchiv Foto Marburg) und Theodor von Lüpke (Preußische Messbildanstalt) eingegangen. Mehrere Kunsthistoriker*innen, wie Hugo Kehrer, Grete Ring, Julius Baum oder Detlev von Hadeln, koordinierten die Fotokampage. Über 10.000 Aufnahmen entstanden derart 1917–1918 in Belgien, deren primäres Ziel es war – wie aus dem oben genannten Zitat hervorgeht –, der deutschen Forschung als Grundlage zu dienen.
Tatsächlich gab es während des Ersten Weltkriegs unter dem Vorwand des „Kunstschutzes“ eine intensive Forschungstätigkeit in Belgien durch deutsche Kunsthistoriker*innen. Untersucht wurden beispielsweise die Ruinen der Abtei von Orval. Ergebnisse dieser Studien flossen in den von Paul Clemen und Cornelius Gurlitt 1916 veröffentlichten Band Die Klosterbauten der Cistercienser in Belgien. Neben solchen Einzelstudien war auch ein umfassendes Werk geplant, das das deutsche Engagement in Belgien bilanziert. Dass mit diesem Publikationsprojekt politische Interessen verfolgt wurden, geht aus einem Brief von Paul Clemen hervor:

„Das Reichsamt des Inneren wie das Kultusministerium legen den grössten Wert darauf, dass die Veröffentlichung in glänzendster Weise durchgeführt wird. Die Publikation wird heute als politisches Dokument noch höher gewertet, als wenn wir einen glücklichen Ausgang des Krieges erlebt hätten.“[2]

Trotz zunehmenden Drucks sollten die beiden von Paul Clemen herausgegeben Bände Belgische Kunstdenkmäler erst 1923 erscheinen. Die 24 Aufsätze, die dieses Werk umfasst, wurden von verschiedenen Kunsthistoriker*innen verfasst, etwa von Adolph Goldschmidt, Grete Ring, Richard Graul oder Erwin Hensler, und behandeln eine große Bandbreite an Themen – von der Malerei, über die Goldschmiedekunst bis hin zum Städtebau – vom 9. bis zum Ende des 18. Jahrhundert. Als Illustrationen dienten zumeist die Fotografien aus der „Belgischen Inventarisation“. Dass es sich sowohl bei der Fotokampagne auf besetzten Gebiet wie auch bei der kunsthistorischen Forschung um die Aneignung fremden Kulturguts handelte, wurde von den Autor*innen nicht reflektiert.

(Gernot Mayer)

Anmerkungen:
[1] Paul Clemen an Richard Hamann 18. September 1917, in: UB Marburg, NL Hamann, Ms 1026/994-1059.
[2] Paul Clemen an Richard Hamann, 11. Juli 1919, in: UB Marburg, NL Hamann, Ms 1026/994-1059.

Belgische Kunstdenkmäler
Belgische Kunstdenkmäler © KHI, Bonn

Kat. Nr. 12: Der Grote Markt von Antwerpen
Paula Deetjen, geb. Paula Springmann
Der Grote Markt in Antwerpen mit Blick auf die Liebfrauenkathedrale
1917/1918
Fotografie, 16 x 12 cm
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt
Literatur: Aerts 1993; Claes – Kott 2018; Clemen 1916; Di Betta – Ruppio – Welzel 2019

Auf diesem Kartonbogen der Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts ist eine Schwarzweißfotografie der Kathedrale von Antwerpen angebracht. Der Bau der sog. Onze-Lieve-Vrouwekathedraal, eine siebenschiffige Basilika der Brabanter Gotik, wurde in der Mitte des 14. Jahrhunderts begonnen und erreichte mit der Fertigstellung des nördlichen der beiden ursprünglich geplanten Türme 1521 seine heutige äußere Erscheinung.[1] Das Gebäude ist von Nordwest dargestellt und der imposante linke Turm der Westfassade fast mittig ins Bild gesetzt. Der untere Teil der Kathedrale ist durch die Bebauung des Grote Markt bedeckt, von dem aus die Fotografie aufgenommen wurde. Das Bild zeichnet sich durch eine ausgesprochene Klarheit und Ausgewogenheit der Komposition aus. Vor dem wolkenlosen Himmel dominiert der markante Nordturm der Kirche das Bild. Er ist etwas nach links aus der Bildmitte gerückt, sodass der unvollendet gebliebene rechte Turm als historische Leerstelle in der Komposition angesprochen wird. Der Blick auf den menschenleeren Markt wird links von einer Laterne und rechts von dem Brabo-Brunnen gerahmt.

Die Fotografie wurde von Paula Deetjen (1879–1949) während der deutschen Besatzung Belgiens und im Rahmen der Belgischen Inventarisation unter Leitung von Paul Clemen 1917 oder 1918 angefertigt.[2] Deetjen galt als technisch ausgesprochen versierte Fotografin und schuf Aufnahmen von hoher ästhetischer Qualität.[3] Sie arbeitete bereits seit 1912 für den Kunstmäzen und Folkwang-Gründer Karl Ernst Osthaus und nahm auch im Interesse von dessen Bildarchiv den Auftrag von Clemen an, da sie als Individualfotografin abseits des militärischen Kunstschutzes dort nicht hätte arbeiten können.[4] In der Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts findet sich die Fotografie Deetjens ein weiteres Mal, was darauf hindeutet, dass ursprünglich mehrere Bestände in den später errichteten Archivschränken zusammengefasst wurden. Sie ist einerseits im Kontext der gezielten deutschen Kriegspropaganda zu verstehen, die sich mit der militärischen Verschonung des Turms rühmte (vgl. Kat. Nr. 15) und andererseits als Fotodokument für Osthaus zu lesen, mit dem Fokus auf die ästhetische Schulung und die Verortung der Kathedrale im Stadtbild.[5]

(Helena Kuhlmann)

Anmerkungen:
[1] Aerts 1993, 107.
[2] https://www.bildindex.de/document/obj20311176/?medium=fm618204 (abgerufen am 14. Juni 2023)
[3] Claes–Kott 2018, 94–96.
[4] Di Betta- Ruppio – Welzel 2019, 119.
[5] Clemen 1916, 15; di Betta – Ruppio – Welzel 2019, 122f.

Droste Pappe a 0036.jpg
Der Grote Markt in Antwerpen © KHI, Bonn

Kat. Nr. 13: Gruppenbild vor den Ruinen von Orval
Unbekannte*r Fotograf*in
Gruppenporträt des Generalstabs um Generalgouverneur von Bissing in der Abteiruine von Orval
1916
Fotografie, 16,5 x 22,5 cm
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt
Literatur: Kott 2016; Kott – Claes 2018.

Das Gruppenporträt mit Darstellung von insgesamt 17 männlichen Personen in der Abteiruine von Vielliers-devant-Orval entstand zum Anlass des Besuchs des Generalgouverneurs von Belgien, Moritz Freiherr von Bissing (untere Reihe, 1. von rechts) und lässt sich auf das Jahr 1916 datieren.[1] Die Fotografie wurde durch Einritzung in die Negativ-Platte mit der Nummer 12 beschriftet und gehört zu einer Reihe von mindestens 14 Fotografien, die am selben Tag in Orval angefertigt wurden. Die Fotografien mit den Nummern 8 und 14 befinden sich ebenfalls in der Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn und zeigen dieselbe Personengruppe bei einem Rundgang durch die Abteiruine.
In Vielliers-devant-Orval waren bereits seit dem 11. Jahrhundert Mönche angesiedelt. Die auf der Fotografie dokumentierte Abteiruine geht größtenteils auf einen Kirchenbau des 13. Jahrhunderts durch die Zisterzienser zurück, der als mehrschiffige Basilika in Form eines lateinischen Kreuzes errichtet wurde und stilistisch am Übergang zwischen Romanik und Gotik einzuordnen ist.[2]
Die Fotografie hat einen inszenierten Charakter. Als Kulisse diente das Fragment eines von Bündelpfeilern gestützten Seitenschiffs – vor der Gruppe betonen zerstreut liegende Bruchteile von Säulenschäften und Kapitellen das stark ruinöse Gesamtbild. Der Generalstab von Bissings vom Militärgouverneur der Provinz Luxemburg, Strahl sowie dem Kunsthistoriker Paul Clemen (obere Reihe, 1. von rechts) begleitet.[3] Zur Linken der Gruppe, als einzige Person in ziviler Kleidung, könnte der belgische Architekt Louis Cloquet oder der Ingenieur M. Cornu abgebildet sein, der den deutschen Militärs eine Führung durch die Ruine zuteil werden ließ.[4]
Die Abtei wurde nicht durch akute kriegerische Handlungen des Ersten Weltkriegs zerstört oder beschädigt. Bereits 1793 war sie von französischen Truppen im Zuge des Ersten Koalitionskrieges (1792–1797) zwischen dem revolutionären Frankreich und dem Bündnis aus Preußen, Österreich sowie kleinerer deutscher Staaten niedergebrannt worden.[5] Aufgrund ihrer "großen künstlerischen und architektonischen Bedeutung"[6] wurden in der Zisterzienserabtei während der Besatzungszeit Ausgrabungen und Erhaltungsmaßnahmen sowie intensive Forschungen durch deutsche Kunsthistoriker*innen betrieben. 1916 wurden die Erkenntnisse über Orval in einem 162-seitigen Prachtband veröffentlicht[7]; Das Gruppenportrait des Generalstabs wurde als einleitendes Bildwerk abgedruckt.[8]
Die Ruine von Orval ist als Sinnbild der Kontinuität von kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und Frankreich semantisch stark aufgeladen. Als kulturelles Propagandainstrument sollte die Fotografie das Narrativ der französischen Zerstörungswut manifestieren und ein positives Bild der deutschen Besatzer vermitteln.[9] 

(Sina Kozel)

Anmerkungen:
[1] Vgl. Kott 2006, 173. Sie entstand nicht, wie auf der Rückseite vermerkt im Zuge der belgischen Inventarisierung.
[2] Vgl. o.A. 1917, 1–5.
[3] Vgl. Kott – Claes 2018, 39.
[4] Vgl. Kott 2006, 173 und Kott – Claes 2018, 39.
[5] Vgl. o.A. 1917, 14–15.
[6] Kott 2006, 166. „grande importance artistique et architecturale“.
[7] Vgl. Kott 2006, 166. Die Veröffentlichung behandelt die drei großen belgischen Zisterzienserabteien Villers-devant-Orval, Villers-la-Ville in Brabant und die Abtei von Aulne in Hennegau.
[8] Vgl. Kott 2006, 173.
[9] Vgl. Kott 2006, 169–170.

Orval
Ruinen der Abtei von Orval © KHI, Bonn

Kat. Nr. 14:  Glasdiapositiv und Bildpropaganda (I)
Unbekannte*r Fotograf*in
Die Kirche St. Laurent in Dontrien
1914/1918 (?)
Glasdiapositive, jew. 10 x 8,5 cm
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt (eventuell aus Privatbesitz Paul Clemens)

Zwei Glasdiapositive der Bonner Fotosammlung zeigen Ansichten der Kirche St. Laurent im französischen Dontrien.[1] Mehrere Personen posieren auf und vor der intakten Eingangstreppe der Kirche (Abb. rechts oben) bzw. auf einem Trümmerhaufen (Abb. rechts unten) mit Blick auf die fotografierende Person, die für die erste Aufnahme einen erhöhten Standpunkt eingenommen hat. Es handelt sich vermutlich um Soldaten, die sich nicht eindeutig identifizieren lassen, und um einen Arzt, der mit Armbinde auf dem Trümmerhaufen sitzt. Die erste Aufnahme zeigt ein Kamerastativ, das am Fuße der Treppe steht. Es ist auch auf einer der überlieferten Feldpostkarten zu erkennen (Abb. unten), die die Kirche vor und nach der Zerstörung zeigt. Die Verwüstung des kleinen Orts nahe Reims fällt vermutlich in die Marne-Schlacht zu Beginn des Erstes Weltkriegs 1914.[2] Das Département Marne gehörte zu den Gegenden, wo, so beschreibt es Paul Clemen,

nur ein versumpftes Trichterfeld übriggeblieben [ist], wo der Boden von Millionen von Granaten aufgerissen, eingeebnet, völlig verwandelt ist, wo zersplitterte Baumstämme an ragende Wälder erinnern, […] wo jedes Menschenwerk und jeder Bau von Menschenhand zu unerkennbaren Trümmern und Brocken zusammengeschossen ist […].[3]

In diesem Kontext wird Clemen auch die Kirche von Dontrien gesehen haben, die zwischen dem ausgehenden 12. und dem beginnenden 13. Jahrhundert errichtet worden war.[4] Eines der Glasdiapositive ist auf dem Etikett mit „Reste der Kirche, welche ein. Zahl franz. Volltreffer zu. Opfer fiel“ beschriftet und stellt somit eine Einordnung der Lage dar, die in Diskrepanz zu der erwähnten Feldpostkarte steht: Denn dieses Motiv suggeriert eine gezielte Sprengung.
Die Vorlage für das Dia, das die Kirchenruinen von Süden zeigt, war vermutlich eine Aufnahme aus unbekannter Hand, die in mehreren Abzügen Teil der Staudinger-Sammlung ist.[5] Initiiert durch den Leiter des Bayerischen Staatsarchivs, Generalmajor Karl Staudinger, wurden ab April 1915 Abzüge von Aufnahmen, die während der Kriegsjahre in den militärischen Einheiten entstanden, vom Bayerischen Kriegsministerium eingefordert. Sie wurden im Archiv systematisch inventarisiert und beschriftet.[6] Es scheint für Clemen gängige Praxis gewesen zu sein, für seine wissenschaftliche Arbeit Bildmaterial aus verschiedenen Quellen, z. B. auch aus internationaler Presse, zu sammeln und Diapositive nach ihnen anfertigen zu lassen (s. Kat. Nr. 15).
Während des Ersten Weltkriegs hielt Clemen Vorträge unter dem Einsatz von Lichtbildern zu den vermeintlichen Bemühungen des deutschen „Kunstschutzes“.[7] Wie in Lokalzeitungen berichtet wurde, referierte er auch vor Laienpublikum in Bonn.[8] Dabei stellte Clemen vermutlich das ‚Vorher‘ eines Kunstdenkmals neben das (zerstörte) ‚Nachher‘. Die Anordnung zu Bildpaaren, wie sie mit Heinrich Wölfflins 1915 publizierten Grundbegriffen eine theoretische Grundlage bekam, regte ein ‚Vergleichendes Sehen‘ unmittelbar an. Da spätestens mit Wölfflin die Doppelprojektion zum Standard in der kunsthistorischen Vorlesung wurde, ließ sicherlich auch Clemen zwei Projektoren für das gleichzeitige Zeigen seiner Dias aufstellen.[9]
Sein Auftreten in Feldgrau und mit Eisernem Kreuz,[10] die Geräusche des Projektors sowie die Präsentation der Bilder selbst müssen einen bleibenden sensorischen Eindruck auf die Zuhörenden hinterlassen haben:

Der durch Lichtbilder erläuterte Vortrag fesselte die Anwesenden, darunter viele Kunsthistoriker, und räumte mit manchen im Auslande verbreiteten Legenden auf.[11]

Das Dunkel des Vortragssaals stand im Kontrast zu einem hell erleuchteten Bild an der Wand, von dem sich die Ruinen in Dontrien und der zerstörte Kirchbaum, dessen Äste sich in alle Richtungen verteilt hatten, wiederum markant abhoben. Weniger einzelne dokumentierte Beschädigungen, sondern die Zerstörung an sich wurden dabei demonstriert.[12] Anhand der Bilder als „visuelle Argumente kriegerischer Propaganda“[13] konnte Clemen die feindliche Berichterstattung über die Zerstörung von Denkmälern zu Gunsten der Deutschen korrigieren.[14]

(Elisabeth Mollenhauer)

Anmerkungen:
[1] Bereits Nikola Doll hat sich mit den Glasdiapositiven von Clemen in Bonn befasst, vgl. Doll 2014.
[2] Weißbrich 2014.
[3] Clemen 1919, 36.
[4] Vgl. Mulot – Dandel – Rivière – Ducouret 2015–2021.
[5] Vgl. BayHStA, Staud.-Slg. 2224, 5644, 5645: https://www.gda.bayern.de/findmitteldb/Archivalie/5165000, https://www.gda.bayern.de/findmitteldb/Archivalie/5175516, https://www.gda.bayern.de/findmitteldb/Archivalie/5175519 (letzter Aufruf: 24. September 2023).
[6] Vgl. https://archivfuehrer-kolonialzeit.de/4-5-1-18-staudinger-sammlung (letzter Aufruf: 24. September 2023).
[7] Clemen sprach z. B. auf der Kriegstagung für Denkmalpflege am 28. August 1915 in Brüssel (vgl. Kriegstagung für Denkmalpflege 1915, 11). Zu "Kunstschutz" und Propaganda vgl. z. B. Goege 1991, 158 ff.
[8] Vgl. z. B. die Ankündigung eines Vortrags in der Bonner Lese- und Erholungsgesellschaft am 28. Januar 1918 im General-Anzeiger für Bonn und Umgegend vom 20. Januar 1918, 5: https://zeitpunkt.nrw/ulbbn/periodical/zoom/3838627 (letzter Aufruf: 24. September 2023).
[9] Wölfflins Schrift Kunstgeschichtliche Grundbegriffe. Das Problem der Stilentwickelung in der neueren Kunst erschien 1915 in München. Zur Praxis der Anordnung von Bildpaaren vgl. Kappel 2018, 218–220 und Doll 2014, 98 (in Bezug auf Clemen). Zur Doppelbildprojektion vgl. Dilly 1995, 41 und Haffner 2007, 121.
[10] So berichtete der Dresdener Anzeiger am 1. Februar 1916 über einen Vortrag von Clemen (zit. nach Goege 1991, 164).
[11] Bericht über Clemens Vortrag im Sitzungssaal der belgischen Kammer in Brüssel 1915 in der Gelsenkirchener Allgemeinen Zeitung vom 31. August 1915: https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/6403851 (letzter Aufruf: 24. September 2023).
[12] Vgl. Doll 2014, 96.
[13] Ebd., 98.
[14] Vgl. Goege 1991, 158ff.

doppel.jpg
Die zerstörte Kirche St. Laurent von Dontrien © KHI, Bonn
L’Ange au Sourire, avant e après, Postkarte, um 1914
Feldpostkarte mit Darstellung von Dontrien © Elisabeth Mollenhauer

Kat. Nr. 15: Glasdiapositiv und Bildpropaganda (II)
Links: Edwin F. Weigle (1889–1973), Belgischer Beobachtungspunkt auf dem Turm der Antwerpener Kathedrale, Zeitungsausschnitt aus der New York Tribune vom 22. Oktober 1914
Rechts: Unbekannte*r Fotograf*in, Blick auf Kathedrale von Antwerpen
um 1914
Glasdiapositiv, 10 x 8,5 cm
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt (eventuell aus Privatbesitz Paul Clemens)
Literatur: Clemen 1916, 15, Abb. 20; New York Tribune, 22.10.1914

Dieses Objekt wurde in einer unbeschrifteten Kiste mit weiteren Glasdiapositiven, die in großen Teilen der Thematik des „Kunstschutzes“ zugeordnet werden konnten, gefunden. Es handelt sich um eines der wenigen Dias der Sammlung, das weder mit einem Verweis auf Aufbewahrungsort, Datierung und Bildinhalt oder Inventarnummer beschriftet worden ist. Die Bildpaar-Montage weist auf eine mit dem Denkmalpfleger und Provinzialkonservator Paul Clemen verknüpfte Objektprovenienz hin.[1] Er engagierte sich in Folge der deutschen Zerstörungen an Baudenkmälern in Belgien nicht nur durch die Gründung des militärischen „Kunstschutzes“, sondern wie viele damalige Kunsthistoriker*innen auch mittels gegenpropagandistischer Abhandlungen.[2] Beispielhaft hierfür ist sein 1916 veröffentlichtes Buch Der Zustand der Kunstdenkmäler auf dem westlichen Kriegsschauplatz, das einen mit 120 Lichtbildern aus französischen und englischen Quellen illustrierten Vortrag von der Kriegstagung für Denkmalpflege in Brüssel vom 28. August 1915 wiedergibt.[3] Als "Antwerpen. Aus der New York Tribune vom 22. Oktober 1914 / Mit Darstellung des belgischen Beobachtungssystems auf dem Turm der Kathedrale" betitelt, taucht dort genau jene Gegenüberstellung des Zeitungsartikels und der Gesamtansicht der Kathedrale als 20. Abbildung auf (siehe unten).[4] Mit ihr sollte die Verschonung des Turmes illustriert werden, dessen militärische Nutzung seinen Schutz als historisches Denkmal vor Beschießung eigentlich aufgehoben hätte. Die Montage aus beiden Bildern diente als Beweis dafür, dass der Sicherung historischer Baudenkmäler mehr Bedeutung zugemessen worden sei als den militärischen Interessen: So dokumentiert die linke Aufnahme die Existenz des Beobachtungspunktes und die rechte die Unversehrtheit des Turmes, trotz seines strategischen Nutzens zur Überwachung der städtischen Umgebung. Damit sollte das seit den Zerstörungen in Löwen und Reims propagierte Bild der Deutschen als „Barbaren“ widerlegt werden.[5] Während die Herkunft des rechten Bildes bisher nicht entschlüsselt werden konnte, ermöglicht ein genauerer Blick auf den abgebildeten Zeitungsartikel eine andere Sicht auf die Geschehnisse. In diesem beschreibt Joseph Patterson, wie er und der Kinematograf Edwin F. Weigle die auf dem Turm stationierten Soldaten im Rahmen ihres Reportageauftrags für die Tribune fotografierten und durch diese Aufnahme einen Deal zwischen deutschem und belgischem Militär zum Schutz der Kathedrale nach Beendung des dortigen Beobachtungspunktes bewirkten.

 (Anna Gürteler)

Anmerkungen:
[1] De Peyronnet-Dryden – Langbrandtner 2022, 257.
[2] Heyer 2019, 76; Falke 1919, 11; Levy 2017, 44.
[3] Clemen 1916, 1.
[4] Ebd., 15; Doll 2014, 98.
[5] Kott 2021, 120.

Glasbilddia
© KHI, Bonn
L’Ange au Sourire, avant e après, Postkarte, um 1914
aus: Paul Clemen, Der Zustand der Kunstdenkmäler auf dem westlichen Kriegsschauplatz, Leipzig 1916 © KHI, Bonn

Kat. Nr. 16:  Der Teppich von Bayeux
Unbekannte*r Fotograf*in (Foto Marburg)
Der Teppich von Bayeux
Oben: 17. Szene: Die Truppen rücken vor und umgehen Rennes, die Hauptstadt der Bretagne
Unten: 18.Szene: Wilhelms Truppen greifen die Burg von Dinan an, wo Conan Zuflucht genommen hat. Conan ergibt sich und überreicht die Schlüssel der Stadt
Fotografie, 9,2 x 17 cm (oben), 10 x 17 cm (unten)
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt
Literatur: Tralles 2005, 272f; Matyssek 2009, 200f, Dörler 2021,  223

Dass die deutschen Kunsthistoriker von den Kriegsverhältnissen wissenschaftlich profitierten, wird aus dem Abschlussbericht von Franz Graf Wolff Metternich deutlich. Während die meisten Tätigkeiten der Fotografengruppen nur summarisch aufgelistet werden, hebt er die Aufnahmen in Chartres (siehe dazu Kat. 17) und vom Teppich von Bayeux als eine besondere Leistung der „Kunstschutz“-Fotokampagnen hervor.[1] Letzterer war wegen der Fragilität seines Materials seit mehreren Jahrzehnten nicht aus seinem Schaukasten herausgenommen worden, weshalb dieser nicht ohne dem störenden Vitrinenglas fotografiert werden konnte. Der berühmte Wandteppich aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts zeigt in 58 Szenen die Eroberung Englands durch den Normannenherzog Wilhelm den Eroberer, die auf einem Tuchstreifen mit der überwältigenden Länge von 68 Metern als Stickarbeit festgehalten sind.
Von der heutigen Forschung werden diese „Kunstschutz“-Fotokampagnen kritisch gesehen.[2] Es wurden Aufnahmen von Objekten angefertigt, die vor dem Krieg nicht zugänglich waren, und zwar aus gutem Grund, wie im Fall des Teppichs von Bayeux. Ob dabei immer sachgemäß vorgegangen wurde, ist anzuzweifeln, auch wenn das Foto unten einen der Protagonisten der „Kunstschutz“-Kampagne beim Fegen des Teppichs zeigt. Wie Dörler zeigen konnte, wurde dieser sogar zwei Mal in kurzen Zeitabständen von den deutschen Besatzern fotografiert: im Oktober 1940 von den Fotografen des Bildarchivs Foto Marburg und im Juli 1941 im Auftrag vom Deutschen Ahnenerbe.[3] Die Gründe für die doppelte fotografische Dokumentation des Teppichs sind unbekannt. An der Qualität der Aufnahmen aus der ersten Kampagne kann es nicht gelegen haben, denn es wurden mehrere Fotografien vom Teppich sowohl in Schwarz-Weiß wie auch in Farbe angefertigt.[4] In den Beständen des Kunsthistorischen Instituts befinden sich nur Schwarz-Weiß-Abzüge, die in Kriegszeiten vermutlich einfacher zu reproduzieren waren.

 (Hilja Droste)

Anmerkungen:
[1] Für eine gekürzte Version des Abschlussberichts siehe Nagel 2020, 407–416, hier 410f.
[2] Siehe u.a. Matyssek 2009, 200–204; Dörler 2021, 223.
[3] Dörler 2021, 223, Anm. 55. Zu dem Interesse des Prähistorikers Herbert Jankuhn und des Deutschen Ahnenerbes am Teppich von Bayeux siehe Tralles 2005, 272f. Zur Rolle des Deutschen Ahnenerbes im „Kunstschutz“ während des Zweiten Weltkriegess siehe Stolzenberg 2021.
[4] Tralles 2005, 273; Dörler 2021, 223, Anm. 55. Nach Tralles (2005, 273) wurden vom Teppich insgesamt 389 Schwarz-Weiß- und 60 Farbaufnahmen angefertigt, dazu 5 Exemplare auf Agfa-Color sowie Zeichnungen und Aquarelle von einzelnen Szenen.

Bayeux
Der Teppich von Bayeux © KHI, Bonn
L’Ange au Sourire, avant e après, Postkarte, um 1914
Hartwig Beseler, Aufnahme des Teppichs von Bayeux: Franz Prinz zu Sayn-Wittgenstein (links) fegt den Teppich (Detail), Fotografie 1940 © Bildarchiv Foto Marburg

Kat. Nr. 17: Das Labyrinth von Chartres
Unbekannte*r Fotograf*in (Foto Marburg)
Das Labyrinth von Chartres
1941
Fotografie, 12,5 × 17 cm
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt
Literatur: Matyssek 2009; Dörler 2021

Die Aufnahme vom Fußbodenmosaik im Langhaus der Kathedrale von Chartres entstand während des Zweiten Weltkrieges im Rahmen der Fotokampagne, die vom deutschen „Kunstschutz“ veranlasst wurde.[1] Die Datierung dieser Fotografie ist dank der Erwähnung der Fotoarbeiten in Chartres von Franz Graf Wolff Metternich, Leiter der Abteilung „Kunstschutz“ in Frankreich, in seinem Abschlussbericht (1942) möglich. Von ihm wurde hervorgehoben, dass zum ersten Mal das berühmte Labyrinth [2] aus dem 13. Jahrhundert fotografiert werden konnte, da das Kirchengestühl, das normalerweise die Sicht auf das Fußbodenmosaik verdeckte, von 35 Kriegsgefangenen ausgeräumt worden war (siehe unten). [3]
Auf die Herkunft des Abzugs in der Bonner Fotosammlung weist die Beschriftung „FM 168 992“ auf der Rückseite der Pappe hin, auf der die Fotografie montiert ist. Diese Ziffernfolge gibt die Aufnahme-Nummer des Bildarchivs Foto Marburg wieder. Unbekannt ist aber, wann und wie der Abzug in die Sammlung gelangte. Möglicherweise kam dieser schon in den 1940er-Jahren zusammen mit anderen Aufnahmen aus der Fotokampagne nach Bonn, denn das Kunsthistorische Institut sollte – wie in einer Vereinbarung festgehalten – von allen neu entstandenen Fotografien einen Abzug erhalten. [4]

(Hilja Droste)

Anmerkungen:
[1] Geleitet von Richard Hamann, Ordinarius für Kunstgeschichte an der Universität Marburg und Leiter des Bildarchivs Foto Marburg, fertigten 16 Fotografen in den besetzten Gebieten Frankreichs insg. 22.000 Negative von Kunstdenkmälern und -Werken an. Siehe Matyssek 2009, 198f.
[2] Zum Labyrinth in Chartres siehe Kern, Hermann, Labyrinthe. Erscheinungsformen und Deutungen. 5000 Jahre Gegenwart eines Urbilds, München 1995, S. 225f.
[3] Für gekürzte Version des Abschlussberichts siehe Nagel 2020, 407–416, hier 410; vgl.  dazu auch: Tralles 2005, 273; Dörler 2021, 223.
[4] Zu der Vereinbarung siehe Dörler 2021, 215, Anm. 20.

Labyrinth_Chartres_01.jpg
Das Labyrinth von Chartres © KHI, Bonn
L’Ange au Sourire, avant e après, Postkarte, um 1914
Hartwig Beseler, Soldaten und Kriegsgefangene räumen die Stühle aus dem Langhaus der Kathedrale Notre-Dame in Chartres (Detail), Fotografie, 1941 © Bildarchiv Foto Marburg

Kat. Nr. 18: Ansichten aus dem besetzten Frankreich
Unbekannte*r Verfasser*in / Foto Marburg
Ansichten aus dem besetzten Frankreich. 20 Aufnahmen des wissenschaftlichen Arbeitsstabes d. OKH
1940/1941
Mappe mit 20 Fotografien auf Pappe 38 x 48 cm, Abzüge ca. 27,5 x 37 cm
Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt
Literatur: Dörler 2021; Kott 2008; Matyssek 2009; Tralles 2005

Bei diesem „Prachtband“ handelt es sich um eine Umschlagmappe aus grünem Samt, in der sich 20 großformatige Fotografien von bedeutenden Baudenkmälern in Frankreich befinden. Das Deckblatt trägt in Manier der Buchmalerei kunstvoll in Tusche beschriftet den Titel „Ansichten aus dem besetzten Frankreich“. Der Anfangsbuchsstabe „F“ schmückt wie eine mittelalterliche Initiale den Großteil des Blattes und betont das Wort „Frankreich“, das in größtem Schriftgrad das Zentrum des Blattes bildet. Der Untertitel „20 Aufnahmen des wissenschaftlichen Arbeitsstabes d. OKH 1940/41“ verweist auf den Entstehungskontext des Bandes und der Abzüge: die während des Zweiten Weltkriegs im Rahmen des deutschen militärischen Kunstschutz organisierten Fotokampagnen im besetzten Frankreich.
Mit OKH-Befehl vom 29.7.1940 wurde der Beauftragte für Kunstschutz in den besetzten Gebieten, Franziskus Graf Wolff Metternich (1893–1978) [1] dazu ermächtigt, im besetzten Frankreich kunsthistorische Forschung im Arbeitsprogramm zu verankern. Das Programm für den Einsatz eines „Kunstwissenschaftlichen Arbeitsstabs“ wurde vom Bonner Ordinarius für Kunstgeschichte, Alfred Stange (1894–1968) [2], dem Marburger Ordinarius für Kunstgeschichte Richard Hamann (1879–1961) [3] und Wolff Metternich festgelegt und mit OKH-Befehl vom 10.9.1940 beschlossen. [4]

Rarum 05.jpg
Ansichten aus dem besetzten Frankreich, 1941 © KHI, Bonn

Am 1.10.1940 begann in diesem Rahmen eine umfassende fotografische Inventarisation in den besetzten Gebieten Frankreichs, deren praktische Organisation und Ausführung dem von Hamann gegründeten und dem Marburger Seminar angegliederten Bildarchiv Foto Marburg übertragen wurde. Finanziert wurde das Projekt weitgehend vom Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Die Kunsthistorische Forschungsstätte in Paris (1942–1944) und Foto Marburg übernahmen im Verlauf der Unternehmung eine Teilfinanzierung.
Ziel war die Erfassung der Kunst- und Baudenkmäler in Ergänzung zu dem im Bildarchiv Foto Marburg bereits vorhandenen Bildmaterial unter Berücksichtigung einer Reihe von Forschungsthemen, die vom kunstwissenschaftlichen Arbeitsstab festgelegt worden waren. Während die Fotografenteams monatelang durch das Land reisten und fotografierten, wurden in einer den Büros des Kunstschutz benachbarten „Kampagnenzentrale“ in Paris, sämtliche Touren koordiniert, die gelieferten Negative gesammelt, entwickelt, Abzüge hergestellt sowie eine erste Katalogisierung vorgenommen. Abschließend wurde das Material nach Marburg geschickt, um dort in die schon bestehende Dokumentation zur französischen Kunst integriert zu werden.
In der ersten intensiven Projektphase fertigten 16 dem OHK unterstellte Fotografen in 4 Teams innerhalb eines Jahres etwa 20.000 Aufnahmen an. Nach dem Abschluss dieser offiziellen Fotokampagne im September 1941 wurde ab 1942 die Aufnahmetätigkeit in Zusammenarbeit mit der Kunsthistorischen Forschungsstätte mit deutlich weniger und weitgehend zivilem, zu teilen sogar französischem, Personal von Foto Marburg fortgeführt. Letzte Kampagnen führten ab September 1943 in Gebiete jenseits der im Februar aufgehobenen Demarkationslinie. Die Fotowerkstatt und die Kampagnenzentrale waren nachweislich noch bis März 1944 in Paris tätig.
Sämtliche Fotografien des Prachtbandes lassen sich Kampagnen-Aufnahmen aus den Beständen des Bildarchivs Foto Marburg zuordnen. Interessant ist dabei, dass – anders als der Mappentitel behauptet – drei der Aufnahmen nicht aus den Fotokampagnen des Zweiten Weltkriegs stammen, sondern bereits in den zwanziger Jahren während früheren Fotokampagnen von Foto Marbug und somit außerhalb des „Kunstschutz“-Kontextes entstanden.
Aufgrund der bereits vor dem Ersten Weltkrieg einsetzenden und seit den zwanziger Jahren nahezu jährlich realisierten Kampagnen Richard Hamanns, existierte im Bildarchiv Foto Marburg schon in den dreißiger Jahren eine hochwertige, umfassende Sammlung von weit über 20.000 Aufnahmen zur französischen Architektur und Bauplastik. Allein während eines freigestellten Studienjahres hatte Hamann von April 1926 bis April 1927 mit zwei Assistenten, seinem Sohn Richard Hamann-Mac Lean (1908–2000) [5] und dem damals noch in Marburg studierenden, späteren Kunstschutzmitarbeiters Bernhard von Tieschowitz (1902–1968) [6], innerhalb eines Jahres in Frankreich 10.000 Aufnahmen angefertigt.
Die 20 Fotografien der Mappe zeigen teils Gesamtansichten, teils Detailaufnahmen der ausgewählten Baudenkmäler. Vier Aufnahmen stammen aus Paris: Frontalaufnahmen des Arc de Triomphe und des Invalidendoms, sowie Detailaufnahmen des Säulengangs von La Madeleine und des Treppenaufgangs in der Opéra. Neun Aufnahmen zeigen sakrale Bauten: Detailaufnahme der Portalplastik der Kathedrale Reims, Außenaufnahme des Chors der Kathedrale in Le Mans, Schrägansicht der Westfassade der Kathedrale in Chartres, Innenaufnahmen der Kathedrale Notre-Dame in Coutances, der Abteikirche in Vézelay, und der Kathedrale Saint-Étienne in Bourges, Ansichten der Abtei Mont-Saint-Michel und der Kirche Notre Dame in Mantes-la-Jolie, sowie des Friedhofs mit der Kapelle Notre Dame in Port-Blanc. Sieben Aufnahmen zeigen Schlösser und Burgen: Ansichten der Burg in Chinon, der Schlösser in Chambord und Fontainebleau, das Schloss in Vaux-le-Vicomte und seines Schlossgartens sowie Detailaufnahmen der Flügel Franz I. und Gaston d’Orléans des Schlosses in Blois.
Die Auswahl der Bauwerke repräsentiert somit die gesamte Bandbreite der vom Arbeitsstab bearbeiteten Regionen im besetzten Frankreich und berücksichtigt, entsprechend der Schwerpunkte der Dokumentationstätigkeit, sowohl Profan- als auch Sakralbauten des Mittelalters, der Renaissance und des Barock. Die ebenfalls erfolgte Dokumentation von Kulturgut in französischen Sammlungen (vor allem in Paris, aber auch in Bayeux, Tours u.a.) wird dagegen im Prachtband nicht thematisiert. Erwähnenswert ist auch, dass alle gewählten Aufnahmen nicht nur repräsentative Ansichten der Bauwerke zeigen, sondern sich durchweg einer visuell ansprechenden Bildsprache bedienen und sich damit von den übrigen Aufnahmen der umfassenden aber in der Regel weitaus sachlicheren fotografischen Fachdokumentation der Kampagnen abheben. Der Prachtband versammelt somit eher zeitlose und attraktive Postkartenmotive und weniger die sachlichen Ergebnisse der wissenschaftlichen Fotodokumentationen. Nur wenige versteckte Details, wie die Sandsäcke des Splitterschutz in Chartres, das Schild „Kreiskommandatur“ in Blois und die Gruppe deutscher Soldaten vor dem Arc de Triomphe, verweisen dezent auf Kriegszeiten und den Kontext des Kunstschutz.
Da die Abzüge der Mappe nicht die gängigen Standard-Maße der regulären Ausfertigungen innerhalb der Fotokampagnen (13 x 18 bzw. 18 x 24 cm) haben, ist von einer Sonderanfertigung auszugehen. Zudem haben sie eine andere Farbigkeit, als die üblichen Papierabzüge. Das verwendete matte chamoisfarbene Barytpapier harmoniert mit seiner warmen Tonigkeit mit den hochwertigen Kartons, auf die die Abzüge montiert und mit gemaltem Tuscherand gerahmt sind. Für eine Sonderanfertigung spricht auch, dass die Abzüge im Prachtband redaktionell beschnitten wurden und im Bildausschnitt leicht von den Negativen abweichen. Die Motive sind alle sorgfältig mit Tusche beschriftet und wie das Titelblatt in den mittelalterlichen Majuskeln nachempfundenen Großbuchstaben gehalten. Die Beschriftungen sind sehr kurz gefasst und benennen meist nur den Ort der Aufnahme oder einen gekürzten Titel des Bauwerks. Dies lässt wiederum auf eine Vertrautheit des Rezipienten mit den abgebildeten Sujets schließen.
Konkrete Hinweise auf die Provenienz des Bandes und für wen oder aus welchem Anlass dieser vermutlich als Präsent angefertigt wurde bzw. über wen der Prachtband schließlich Eingang in die Bestände der Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts der Universität Bonn gelangte, konnten bisher in den einschlägigen Archiven nicht eindeutig geklärt werden. Das Inventarbuch aus der Nachkriegszeit der Bibliothek des KHI gibt mit dem Eintrag zur Inventarnummer 25347 vom 10.11.1952 lediglich Hinweis auf den Inhalt „Frankreich: Ansichten aus d. besetzten“ und bezeugt die Zugehörigkeit „Alter Bestand“ [7]. Aufgrund der Arbeitsorganisation und der engen Zusammenarbeit zwischen Paris, Bonn und Marburg liegt nahe, dass es sich um ein Präsent für Alfred Stange gehandelt haben könnte. Wolff Metternich als Provinzialkonservator der Rheinprovinz und Honorarprofessor an der Universität Bonn sowie von Tieschowitz als sein Kollege in der Denkmalpflege und beim Kunstschutz pflegten regelmäßigen und engen Kontakt zu Stange. Auch der Leiter der Kunsthistorischen Forschungsstätte in Paris, Hermann Bunjes [8] ist innerhalb dieses Personennetzwerks zu erwähnen. Naheliegend scheint die Vermutung, dass von Tieschowitz, der die Fotokampagnen in Paris seitens des Kunstschutzes koordinierte, und als ehemaliger Mitarbeiter in Marburg gute Kenntnis über die Bildbestände hatte und an einigen der Marburger Zwischenkriegs-Kampagnen in Frankreich als Fotograf teilgenommen hatte, die Auswahl der Bilder für den Prachtband getroffen haben könnte. Diese Sachverhalte sind Gegenstand aktueller Forschung, in deren Verlauf hoffentlich noch weitere Hinweise auf die Provenienz und Bedeutung des Prachtbandes gefunden werden können. 

(Susanne Dörler und Esther Heyer)

Anmerkungen:
[1] Heyer 2021.
[2] Doll 2013.
[3] Dettweiler 1966.
[4] Vereinigte Adelsarchive im Rheinland, Familienarchiv der Grafen Wolff Metternich zur Gracht, NL Franziskus Graf Wolff Metternich, Nr. 197 – darin „Bericht über den Einsatz des kunstwissenschaftlichen Arbeitsstabes in Frankreich“ vom 9.1.1940 und „Abschliessender Bericht über die Tätigkeit des kunstwissenschaftlichen Arbeitsstabes in Frankreich in der Zeit vom 1.10.1940 – 30.9. (bezw. 31.12.) 1941“ vom 30.4.42.
[5] Siehe: „Hamann-MacLean, Richard“, in: Hessische Biografie, URL: https://www.lagis-hessen.de/pnd/118835246 (letzter Aufruf 29.9.2023).
[6] Kott 2021b.
[7] Inventarbuch der Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts der Rheinischen-Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
[8] Doll 2021.


Kat. Nr. 19: Farbdia Nürnberger Rathaus
Unbekannte*r Fotograf*in, Müller & Sohn
Albrecht Dürers Triumphzug Kaiser Maximilians I. im Nürnberger Rathaus (Detail)
1943/4
Diapositiv (Agfacolor), 24 x 36 mm
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: Seit 1960 im Besitz des KHI, Bonn
Literatur: Demouy 2009, Abb. S. 1610, S. 1615, S. 1617, S. 1625

Der Triumphzug Kaiser Maximilians I. war Teil des durch Albrecht Dürer und Willibald Pirckheimer[1] entworfenen Bildprogramms für die Wandbemalung des großen Saals im alten Nürnberger Rathaus. Dieser Raum befindet sich bis heute im Obergeschoss des gotischen Saalbaus, der an der Südseite des Gebäudekomplexes verortet und mit dessen Erbauung zwischen 1332 und 1340 das älteste Element des Rathauses ist. Mit Beginn des 16. Jahrhunderts sollte das Gebäude umfassend erneuert werden, woraufhin Dürer mit der Ausmalung des Saals beauftragt wurde. In der Zeit von 1521 bis 1528/30 entstand das zu jener Zeit größte Wandgemälde Europas.[2] So hatte sich hier der Triumphzug, zusammen mit der Verleumdung des Apelles und der Darstellung eines Pfeiferstuhls, über der Holzvertäfelung der Nordwand, ein Rundbilder-Zyklus auf der Südwand sowie ein emblematischer Zyklus auf der Ostwand befunden. In einer Mischtechnik mit Ölfarben und Tempera wurde die Bemalung auf geglätteten Vorputz aufgetragen.[3] Die Wandgemälde standen in engem Bezug zur Saalnutzung. Der Triumphzug Kaiser Maximilians I., als Hommage an den letzten Garanten für Nürnbergs privilegierte Stellung im Reich, beschwor insgeheim die Reichstage und Huldigungen neuer Kaiser, die im Ostteil des Saals abgehalten wurden.[4] Angelehnt an Triumphdarstellungen römischer Imperatoren, wird der auf einem Wagen thronende Kaiser von einem Zwölfgespann gezogen. 22 weibliche Begleitfiguren allegorisieren die herrscherlichen Tugenden. Vier Räder des Wagens sowie sechs Lorbeerkränze, gekennzeichnet durch erläuternde Inschriften, bringen weitere Eigenschaften des Monarchen zum Ausdruck.[5]
1936 wurde die Wandbemalung gereinigt und 1943/45 im Rahmen des sog. „Führerauftrags für Farbaufnahmen monumentaler Wand- und Deckenmalereien in geschichtlichen Bauwerken“ mit Farbfilm aufgenommen. Während der Luftangriffe auf Nürnberg 1944/45 brannte das gesamte Rathaus bis auf seine Umfassungsmauern nieder. 1956 bis 1962 wurde es an selber Stelle wieder aufgebaut. Der alte Rathaussaal wurde erst zwischen 1982 und 1985 wiederhergestellt, wobei die Wandmalerei nach Motiven Dürers jedoch nicht rekonstruiert wurde, da die Fotodokumentation verschollen war. Es folgte ein zeitgenössischer Bemalungsentwurf durch Michael Mathias Prechtl, der jedoch 1988 nach kontroversen Diskussionen zurückgezogen wurde.[6] Debatten für oder gegen eine Rekonstruktion der Wandgemälde Dürers werden weiterhin geführt, denn die Wände des Nürnberger Rathaussaals sind nach wie vor weiß! 

(Richard Kaldenhoff)

Anmerkungen:
[1] Renaissance-Humanist, Freund Albrecht Dürers und Berater Kaiser Maximilians I. Vgl. Brick 1991, S. 19–20.
[2] Vgl. Brick 1991, S. 20.
[3] Vgl. AK Nürnberg 1979, S. 70; Untergrund und Farbpigmente vermischten sich nicht miteinander, anders als bei der ursprünglichen Freskotechnik.
[4] Vgl. Brick 1991, S. 20; Nach dem Tod Maximilians I., 1519, sollte an diesen sowie an die Familie der Habsburger erinnert werden.
[5] Vgl. Brick 1991, S. 27.
[6] Vgl. Racz 2014.

Dias Hilja und Gernot 001.jpg
Diapositiv mit Dekorationen aus dem Nürnberger Rathaus © KHI, Bonn

Kat. Nr. 20:  Farbdia Schloss Freienwalde
Unbekannte*r Fotograf*in, Müller & Sohn (Fa. Ing. Ernst Müller)
Innenaufnahme des „Chinesischen Salons“ od. auch „Radziwill Zimmer“, Schloss Freienwalde/ Bad Freienwalde Brandenbur
1943–1945
Diapositiv (Agfacolor), 24 x 36 mm, CENEI Aluminiumdiarahmen 50 x 50mm
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: Seit 1960 im Besitz des KHI, Bonn
Literatur: Bab 1929; Schmitz 1925; Schmitz 1926

Das Farbdiapositiv zeigt die südliche Wand des ‚Chinesischen Salons‘ in Schloss Freienwalde, das nach Entwürfen von David Gilly (1748–1808) 1798 für Königin Friederike Luise von Preußen (1751–1805) als „Lustschloss im Landhausstil“ im Stil des französischen Klassizismus errichtet wurde. Es ist unklar, ob die Tapeten aus der Erbauungszeit stammen und über Paris importiert wurden oder hier erst nach 1840 unter König Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861), im Rahmen einer dokumentierten Neugestaltung des Raumes, angebracht wurden. Als „Radziwill Zimmer“, benannt nach der in diesem Raum 1834 verstorbenen Prinzessin Elisa Radziwill, mit „chinesischer“ Ausstattung ist dieses Ensemble jedenfalls ab 1840 durchwegs überliefert. 1909 veräußerte Kaiser Wilhelm II. (1859–1941) das Schloss an den Berliner Unternehmer und späteren Außenminister der Weimarer Republik Walther Rathenau (1867–1922). Dieser renovierte das Schloss von 1909–1911 und bewohnte es bis zu seiner Ermordung durch Rechtsterroristen 1922. Rathenau hatte die Absicht, das Schloss mit dem vom Gartenbaumeister Peter-Joseph Lenné geschaffenen Schlosspark als Museumsstiftung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit dem Tod der Mutter Mathilde Rathenau (1845–1926) auf Schloss Freienwalde wurde die Stiftung begründet, 1933 mit der ‘Machtübernahme‘ des NS-Regimes jedoch aufgelöst und ab 1936 NS-kulturpolitisch usurpiert. Die Familie Rathenau floh 1939 aufgrund ihrer jüdischen Identität unter zwangsweiser Zurücklassung ihres Besitzes in die Schweiz.
Die Farbaufnahmen sind das letzte Zeugnis der historischen Ausstattung; seit 1945 ist das Inventar inklusive der Bildpapiertapeten verschollen. 2022 wurde das Schloss an eine Stiftung veräußert. Im Rahmen einer denkmalhistorischen Renovierung wäre anhand der Farbbildaufnahmen eine exakte Rekonstruktion des Schlossinventars mitsamt der Bildtapeten möglich, da auch originale Tapetenfragmente während Renovierungsarbeiten im Schloss gesichert und archiviert werden konnten. Dieses Farbdia aus Schloss Freienwalde zeigt exemplarisch den bedeutenden Wert des Farbbildarchivs für die kunsthistorische Forschung, die denkmalpflegerische Praxis als auch die Provenienzforschung auf.

Ausstellung Oktober 2023 Nr 27.jpg
Der „Chinesische Salon“ in Schloss Freienwalde © KHI, Bonn

Kat. Nr. 21:  Farbdia Schloss Nymphenburg
Unbekannte*r Fotograf*in
Schloss Nymphenburg – Gartenseite von Westen
1943/4
Diapositiv (Agfacolor), 24 x 36 mm
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: Seit 1960 im Besitz des KHI, Bonn
Literatur: Bayerische Schlösserverwaltung 2023; Fuchsberger – Vorherr 2014, 203 ff; Hoffmann et al. 2020, 11; Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, 2018; StAM SGSV 1671

Das Schloss Nymphenburg in München gehört zu den grössten Schlossanlagen Deutschlands und wurde unter dem bayerischen Kurfürst Max Emanuel (1662–1726) Anfang des 18. Jahrhunderts auf den heutigen Zustand erweitert. Der Entwurf für die monumentale Dreiflügelanlage im Stile des Barock und Rokoko geht auf die Architekten Enrico Zuccalli (1642–1724) und Joseph Effner (1687–1745) zurück.[1]
Das Hauptschloss und die darin enthaltenen Wandmalereien wurden in den Jahren 1943/44 im Rahmen des sog. ‚Führerauftrags Monumentalmalerei’ farbfotografisch dokumentiert.[2] Zusätzlich zur fotografischen Inventur wurden ab 1943 weitere Maßnahmen gegen Kriegsbeschädigung am Gebäude sowie den Gartenanlagen getroffen, welche teils auch in der vorliegenden Aufnahme erkennbar sind. Im Sommer 1943 wurden die weißen Fassaden des Hauptschlosses und der Gartenpavillons mit Tarnfarbe grün-grau gespritzt und die aus der Luft gut erkennbaren geometrischen Flächen der Gartenparterres unregelmäßig mit hellem Sand, grauem Kies und dunkler Schlacke bestreut. Das Dach des Hauptschlosses sowie die reflektierende Wasserfläche des Nymphenburger Kanals wurden mit Tarnnetzen abgedeckt. Die marmornen Götterfiguren und Ziervasen, welche die Auffahrt säumen, waren in massive, mit Sand befüllte Holzkisten eingehaust.[3]
Der umfangreiche Versuch, die Schlossanlage zu camouflieren, war eine direkte Reaktion auf die ab 1942 sich häufenden Bombenabwürfe auf München. Die Sichtbarkeit aus der Luft sollte verringert werden, da „der hell leuchtend weiße ausgedehnte Gebäudekomplex [...] zusammen mit der für feindliche Flieger prächtigen Führungslinie der Wasserstraße des Kanals bei jedem Angriff ein geradezu ideales Orientierungs- und Bekämpfungsziel“ bot.[4] Diese Formulierung aus einem Schreiben der Ortsgruppe Nymphenburg an die Schlossverwaltung vom März 1943 zeigt die Beunruhigung der lokalen Bevölkerung, welche sich weiteren Luftangriffen ausgesetzt sah. Insofern ist die Tarnung des Schlosses und seiner Parkanlage zwar im Sinne des Kunstschutzes zu sehen, war in seiner Folge aber gleichwohl eine präventive Maßnahme zum Schutz der Bevölkerung.

(Julian Wyss)

Anmerkungen:
[1] Vgl. Hoffmann – Fuchsberger – Klühspies 2020, 11; Bayerische Schlösserverwaltung 2023.
[2] Fotokampagne 1945–1945: ‚Der Führerauftrag zur Dokumentation wertvoller Wand und Deckenmalereien in historischen Bauwerken Großdeutschlands’; vgl. Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, 2018.
[3] Vgl. Fuchsberger – Vorherr 2014, 203 ff.
[4] StAM SGSV 1671.

Dias Hilja und Gernot 002.jpg
Schloss Nymphenburg, München © KHI, Bonn

Kat. Nr. 22: Die Kriegszerstörungen in Rouen
Unbekannte*r Fotograf*in
Die Kriegszerstörungen in Rouen
1941 (?)
Fotografie, 12 x 17 cm
Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts Bonn

Provenienz: unbekannt
Literatur: Kott 2008, 367f; Dörler 2021, 226

Für Kunsthistoriker*innen ist die Kathedrale von Rouen vor allem durch die Gemälde von Claude Monet bekannt, der in den 1890er-Jahren die Westfassade der Kirche in verschiedenen Lichtverhältnissen festgehalten hat. Im Vergleich zu diesen atmosphärisch dichten Darstellungen wirken die nüchternen Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus den Kriegsjahren noch drastischer. Von der anderen Seine-Seite aufgenommen, zeigen die Fotografien (Abb. unten) die hinter der zerstörten Altstadt emporsteigende Kathedrale.[1] Die Fotografen des Foto-Marburg nutzten die Gelegenheit und hielten die Südseite der Kirche in Aufnahmen fest, die vor der Bombardierung nicht möglich gewesen wäre.[2] Zwar hatten die Fotografen des „Kunstschutzes“ die Aufgabe auch Fotos von Ruinen anzufertigen, „um später das wirkliche Ausmass dieser Schäden gegenüber der Feindpropaganda nachweisen zu können und den erhaltenen alten Kern vor Beginn der Wiederherstellungsarbeiten zu dokumentieren“[3], aber Aufnahmen von Kriegsschäden sind eher selten. Der deutsche „Kunstschutz“ bzw. die Kunsthistoriker interessierten sich anscheinend mehr für die Bilder von intakten Gebäuden, die für das wissenschaftliche Arbeiten benutzt werden konnten.[4] Unsere Fotografie (Abb. rechts) mit dem Blick vom Turm der Kirche Saint-Maclou nach Südwesten,[5] die nicht die Kathedrale als Hauptmotiv hat, sondern die Ruinen des Stadtgebiets zwischen Kathedrale und Seine-Ufer, ist also eine Ausnahme. Auch hier – wie auch bei vielen anderen Objekten der Fotosammlung des Kunsthistorischen Instituts – ist unklar, wann und warum dieser Abzug erworben wurde.

(Hilja Droste)

Anmerkungen:
[1] Nach Christina Kott haben die deutschen Truppen, um die Zerstörung der Kathedrale durch ein von der Bombardierung ausgelöstes Feuer zu verhindern, die Altstadt im näheren Umfeld komplett gesprengt, vgl. Kott 2008, 368.
[2] Der Fotograf Hartwig Beseler hält in seinem Bericht im Sommer 1941 fest, dass das Fotografenteam „die Gelegenheit“ nutzte, „einmal die Kathedral-Südfront frei von Häusern fotografieren zu können“. Siehe Hartwig Beseler, Fotokampagne im besetzten Frankreich, Obertshausen 2008, 133, zitiert nach Dörler 2021, 226, Anm. 62.
[3] Franz Graf Wolff Metternich, Abschlussbericht, 30. April 1942. Für eine gekürzte Version des Abschlussberichts siehe Nagel 2000, 407–416, hier 411.
[4] Matyssek 2009, 202.
[5] Im Bestand des Bildarchivs Foto-Marburg befindet sich dieselbe Aufnahme, die ebenfalls auf einem Kartonbogen montiert ist. Aus der Beschriftung der Pappe ist das Entstehungsjahr sowie die Aufnahmesituation zu entnehmen. Siehe https://www.bildindex.de/document/obj20099864?medium=fr00667g07 [letzter Aufruf: 27.09.2023]

Droste Pappe a 0030.jpg
Rouen © KHI, Bonn
Droste Pappe a 0031.jpg
Die Kriegszerstörungen in Rouen © KHI, Bonn


Literaturverzeichnis

Aerts 1993
Willem Aerts (Hgg.), The Cathedral of Our Lady in Antwerp, Antwerpen 1993
AK Löwen
Maurits Smeyers (Hgg.), Dirk Bouts. Een Vlaams primitief te Leuven (Kat. Ausst. Löwen, Sint-Pieterskerk – Predikherenkerk), Löwen 1998
AK Nürnberg 1979
Matthias Mende, Das alte Nürnberger Rathaus. Baugeschichte und Ausstattung des großen Saales und der Ratsstube (Kat. Ausst. Nürnberg, Rathaus), Nürnberg 1979
Bab 1929
Julius Bab, Der Schlossherr von Freienwalde, in: Das jüdische Magazin 1, 1929, 1, 13–19
Baudoux-Rousseau – Chélini – Giry-Deloison 2018
Laurence Baudoux-Rousseau – Michel-Pierre Chélini – Charles Giry-Deloison (Hgg.), Le patrimoine, un enjeu de la Grande guerre. Art et archéologie dans les territoires occupés 1914–1921/Der Kulturerbeschutz als Herausforderung im Ersten Weltkrieg. Kunst und Archäologie in den besetzten Gebieten 1914–1921, Arras 2018
Bayerische Schlösserverwaltung 2023
Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, Schloss Nymphenburg. Entstehungsgeschichte, München 2023, URL: https://www.schloss-nymphenburg.de/deutsch/schloss/index.htm [11. Juni 2023]
Boniface/Dessaivre-Audelin 2020
Xavier Boniface/ Louise Dessaivre-Audelin (Hgg.), Cathédrales en guerre. XVIe-XXIe siècle, Villeneuve-d'Ascq 2020
Born – Störtkuhl 2017
Robert Born – Beate Störtkuhl (Hgg.), Apologeten der Vernichtung oder „Kunstschützer“? Kunsthistoriker der Mittelmächte im Ersten Weltkrieg, Köln – Weimar – Wien 2017
Bresc-Bautier – Chancel-Bardelot 2016
Geneviève Bresc-Bautier – Béatrice Chancel-Bardelot (Hgg.), Un musée révolutionnaire le musée des monuments français d'Alexandre Lenoir (Kat. Ausst. Louvre Paris), Paris 2016
Bresc-Bautier (et al.) 2016
Geneviève Bresc-Bautier (et al.), Les Tuileries. Grands décors d'un palais disparu, Paris 2016
Brick 1991
Christian Brick, Rekonstruktion und Wiederausmalung des Alten Nürnberger Rathaussaales. Eine Dokumentation, Berlin 1991
Burg 1920
Hermann Burg, Kunstschutz an der Westfront. Kritische Betrachtungen und Erinnerungen, Berlin 1920
Clemen 1916
Paul Clemen, Der Zustand der Kunstdenkmäler auf dem westlichen Kriegsschauplatz, Leipzig 1916
Clemen 1919
Paul Clemen, Kunstschutz im Kriege, 2 Bde, Leipzig 1919
Clemen – Gurlitt 1916
Paul Clemen – Cornelius Gurlitt (Hgg.), Die Klosterbauten der Cistercienser in Belgien, Berlin 1916
Clemen 1923
Paul Clemen (Hgg.), Belgische Kunstdenkmäler, 2 Bde, München 1923
De Peyronnet-Dryden – Langbrandtner 2022
Florence de Peyronnet-Dryden – Hans-Werner Langbrandtner, Kurzbiografien von Akteuren des Kunstschutzes und dessen Umfeld, in: Esther Rahel Heyer – Florence de Peyronnet-Dryden – Hans-Werner Langbrandtner (Hgg.), „Als künstlerisch wertvoll unter militärischem Schutz!“ Ein archivisches Sachinventar zum militärischen Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg (Forschungen zu Kunst und Kunstgeschichte im Nationalsozialismus 4), Köln – Weimar – Wien 2022, 255–273
Demouy 2009
Patrick Demouy, Le sourire de Reims, in: Comptes rendus des séances de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 153, 4, 2009, 1609–1627
Dettweiler 1966
Frieda Dettweiler, Hamann, Richard in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), 578–579 [Online-Version, URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118545248.html#ndbcontent]
Dewilde – Huybens – Mellaerts 2022
Brecht Dewilde – Gilbert Huybens – David Mellaerts, De Sint-Pieterskerk Te Leuven. Geschiedenis, Architectuur en Patrimonium, Löwen 2022
Di Betta – Ruppio – Welzel 2019
Laura Di Betta – Christin Ruppio – Barbara Welzel (Hgg.), Vor dem Bauhaus: Osthaus. Einblicke in eine Fotosammlung (Dortmunder Schriften zur Kunst/Studien zur Kunstgeschichte 9), Dortmund 2019
Dilly 1995
Heinrich Dilly, Die Bildwerfer. 121 Jahre kunstwissenschaftliche Dia-Projektion, in: Rundbrief Fotografie, Sonderheft 2, 1995, 39–44
Dörler 2018
Susanne Dörler, Der Kunstschutz im Ersten Weltkrieg in Belgien und Nordfrankreich und seine fotografische

Dokumentation im Deutschen Dokumentationszentrum, in: Laurence Baudoux-Rousseau –Michel-Pierre Chélini –Charles Giry-Deloison (Hgg.), Le patrimoine, un enjeu de la Grande guerre. Art et archéologie dans les territoires occupés 1914–1921, Arras 2018, 143–164
Dörler 2021
Susanne Dörler, Fotokampagnen des Bildarchivs Foto Marburg für den Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg. Geschichte und Quellenlage, in: Hans-Werner Langbrandtner – Esther Rahel Heyer –Florence de Peyronnet-Dryden (Hgg.), Kulturgutschutz in Europa und im Rheinland. Franziskus Graf Wolff Metternich und der Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg, Wien – Köln – Weimar 2021, 211–233
Doll 2003
Nikola Doll, Politisierung des Geistes. Der Kunsthistoriker Alfred Stange und die Bonner Kunstgeschichte im Kontext nationalsozialistischer Expansionspolitik, in: Burkhard Dietz u. a. (Hgg.), Griff nach dem Westen. Die "Westforschung" der völkisch-nationalen Wissenschaften zum nordwesteuropäischen Raum (1919–1960) (Studien zur Geschichte und Kultur Nordwesteuropas 6), Münster 2003, 979–1015
Doll 2013
Nikola Doll, Stange, Alfred, in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), 53–54 [Online-Version, URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117210013.html#ndbcontent]
Doll 2014
Nikola Doll, Fotografie im Kunst- und Denkmalschutz, in: Ludger Derenthal – Stefanie Klamm (Hgg.), Fotografie im Ersten Weltkrieg, Berlin 2014, 94–103
Doll 2021
Nikola Doll, BUNJES Hermann (DE) , in: Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR) - INHA, URL: http://agorha.inha.fr/detail/204 (letzter Abruf 29/09/2023)
Dupeux 2011
Cécile Dupeux, Niclaus Gerhaerts Büsten am Strassburger Kanzleiportal. Geschichte und Rezeption vom 15. bis zum 20. Jahrhundert, in: Stefan Roller (Hgg.), Niclaus Gerhaert. Der Bildhauer des späten Mittelalters (Kat. Ausst. Liebieghaus, Frankfurt – Musée de l´Oeuvre Notre-Dame, Straßburg), Petersberg 2011, 92–101
Falke 1919
Otto von Falke, Die Einrichtung des Kunstschutzes auf den deutschen Kriegsschauplätzen, in: Paul Clemen, Kunstschutz im Kriege, Leipzig 1919, 11–15
Fourestié – Gui 2020
Anne Fourestié – Isabelle Gui, Photographier le patrimoine aux 19° et 20° siècles. Histoire de la collection photographique de la Médiathèque de l’architecture et du patrimoine (1839-1989), Paris 2020
Fuchsberger – Vorherr 2014
Doris Fuchsberger – Albrecht Vorherr, Schloss Nymphenburg unterm Hakenkreuz, München 2014
Fuhrmeister – Klingen – Lauterbach – Peters 2006
Christian Fuhrmeister – Stephan Klingen – Iris Lauterbach – Ralf Peters (Hgg.), »Führerauftrag Monumentalmalerei«. Eine Fotokampagne 1943–1945 (=Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München, XVIII), Köln – Weimar 2006

Fuhrmeister 2021

Christian Fuhrmeister, «Kunstschutz im Kriege», in: Donata Levi – Michael Wedekind (Hgg.), Contested Space Contested Heritage. Sources on the Displacement of Cultural Objects in the 20th Century Alpine-Adriatic Region, Udine 2021, 129–130
Gaethgens 2018
Thomas W. Gaehtgens, Die brennende Kathedrale: Eine Geschichte aus dem Ersten Weltkrieg, München 2018
Goege 1991
Thomas Goege, Kunstschutz und Propaganda im Ersten Weltkrieg. Paul Clemen als Kunstschutzbeauftragter an der Westfront, in: Paul Clemen. Zur 125. Wiederkehr seines Geburtstages (=Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege, 35), Köln 1991, 149–168
Hädler 2014
Emil Hädler, Kriegsdenkmalpflege 1914–1918. Paul Léon versus Paul Clemen – zwei Denkmalpfleger in feindlichen Lagern, in: Die Denkmalpflege 72, 2014, 5–13
Haffner 2017
Dorothee Haffner, „Die Kunstgeschichte ist ein technisches Fach“. Bilder an der Wand, auf dem Schirm und im Netz, in: Philine Helas – Maren Polte – Claudia Rückert – Bettina Uppenkamp (Hgg.), Bild/Geschichte. Festschrift für Horst Bredekamp, Berlin 2017, 119–129
Heyer 2019
Esther Heyer, Der Provinzialkonservator Franziskus Graf Wolff Metternich. Denkmalpflege und Kunstschutz in Rheinland und in Frankreich, in: Kulturpolitik der Rheinischen Provinzialverwaltung 1920 bis 1945, Darmstadt 2019, 73–84
Heyer 2021
Esther Heyer, METTERNICH Franziskus (Franz) Graf Wolff (DE), in: Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR) - INHA, URL: http://agorha.inha.fr/detail/228 (letzter Abruf: 28/09/2023)
Hoffmann – Fuchsberger – Klühspies 2020
Maya Hoffmann – Doris Fuchsberger – Johannes Klühspies, Schloss Nymphenburg. Potentiale und Barrieren einer Nominierung als UNESCO Weltkulturerbe, München 2020
Horsten 1998
Martin Horsten, Ter ere van God en van de stad: de bouw van de nieuwe Sint-Pieterskerk, in: Anna Bergmanns (Hgg.), Leuven in de late middeleeuwen. Dirk Bouts. Het laatste avondmaal, Tielt 1998, 42–52
Kanz 2018
Roland Kanz (Hgg.), Das Kunsthistorische Institut in Bonn. Geschichte und Gelehrte, Berlin 2018
Kappel 2018
Kai Kappel, Wege zum ‚Kunstschutz‘? Die Bildsprache der deutschen Ruinenfotografie, in: Christian Fuhrmeister – Johannes Griebel – Stephan Klingen – Ralf Petters (Hgg.), Kunsthistoriker im Krieg. Deutsche Militärischer Kunstschutz in Italien 1943–1945, Wien – Köln – Weimar 2012, 207–227
Kott 1997
Christina Kott, Die deutsche Kunst- und Museumspolitik im besetzten Nordfrankreich im Ersten Weltkrieg zwischen Kunstraub, Kunstschutz, Propaganda und Wissenschaft, in: kritische berichte, 2, 1997, 5–24
Kott 2006
Christina Kott, Préserver l'art de l'ennemi? Le patrimoine artistique en Belgique et en France occupées, 1914–1918, Brüssel 2006
Kott 2007
Christina Kott, Der deutsche „Kunstschutz“ im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Ein Vergleich, in: Pariser Historische Studien, 81, 2007, 137–153
Kott 2008
Christina Kott, „Den Schaden in Grenzen halten...“. Deutsche Kunsthistoriker und Denkmalpfleger als Kunstverwalter im besetzten Frankreich, 1940-1944, in: Olaf Peters – Ruth Heftrig – Barbara Schellewald (Hgg.), Kunstgeschichte im "Dritten Reich": Theorien, Methoden, Praktiken, Berlin 2008, 362–392
Kott – Claes 2018
Christina Kott – Marie-Christine Claes (Hgg.), Le Patrimoine de la Belgique vu par l'Occupant. Un Héritage Photographique de la grande Guerre, Brüssel 2018
Kott – Neumayer 2019
Christina Kott – Heino Neumayer, Vom Kunstschützer zum Kulturdiplomaten. Gerhard Bersu in den Jahren 1914 bis 1927, in: Bericht der Römisch-Germanischen Kommission100, 2019, 63–96
Kott 2021
Christina Kott, Militärischer Kunstschutz im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Institutionen, Akteure, Diskurse, Handlungsfelder; in: Hans-Werner Langbrandtner – Esther Rahel Heyer – Florence de Peyronnet-Dryden (Hgg.), Kulturgutschutz in Europa und im Rheinland. Franziskus Graf Wolff Metternich und der Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg, Köln – Weimar –Wien 2021, 115–140
Kott 2021b
Christina Kott, TIESCHOWITZ Bernhard von (DE), in: Répertoire des acteurs du marché de l'art en France sous l'Occupation, 1940-1945, RAMA (FR) - INHA, URL: http://agorha.inha.fr/detail/89 (letzter Aufruf: 28/09/2023)
Kriegstagung für Denkmalpflege 1915
Kriegstagung für Denkmalpflege. Stenographischer Bericht, Berlin 1915
Levy 2017
Evonne Levy, The German Art Historians in the Great War. Kulturpropaganda and the Stillbirth of Propaganda Analysis, in: Visuelle Geschichtskultur 16, 2017, 43–60
Maek-Gérard 1985
Michael Maek-Gérard, Die deutschsprachigen Länder ca. 1380-1530/40 (Bestandskatalog Nachantike grossplastische Bildwerke, Bd. III, hg. v. Herbert Beck), Melsungen 1985
Matyssek 2009
Angela Matyssek, Kunstgeschichte als fotografische Praxis. Richard Hamann und Foto Marburg (=Humboldt-Schriften zur Kunst und Bildgeschichte, 7), Berlin 2009
Mertens 1958
Jozef Mertens, De romaanse Krocht en de oudere Sint-Pieterskerk te Leuven, Löwen 1958
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Frederike Mulot – Elisabeth Dandel – Raphaëlle Rivière – Bernard Ducouret, Église paroissiale Saint-Laurent, Champagne-Ardenne, Marne, Dontrien (Dossier d’œuvre architecture IA51001250), Châlons-en-Champagne 2015–2021, URL: https://inventaire-chalons.grandest.fr/gertrude-diffusion/dossier/eglise-paroissiale-saint-laurent/eb454c7f-88ab-4739-91cb-018a746cd05f (letzter Aufruf: 24. September 2023)
Nagel 2020
Anne C. Nagel, Die Philipps-Universität Marburg im Nationalsozialismus. Dokumente zu ihrer Geschichte, Stuttgart 2000
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Matthias Noell, Denkmalsammlung, Denkmalarchive. Zur Rolle der Fotografie in den Denkmalinventaren des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, in: Hubert Locher – Rolf Sachsse (Hgg.), Architektur Fotografie: Darstellung – Verwendung – Gestaltung, Berlin – München 2016, 24–39
o.A. 1917
o.A., Kurzer Überblick über die Geschichte der Abtei Orval, Felddruckerei 1917
Peters 2002
Ralf Peters, Gerettet. Die Farbdokumentation "kulturell wertvoller Wand- und Deckenmalerei in historischen Baudenkmälern Großdeutschlands" von 1943–1945, in: Kunstchronik 55, 2002, 242–244
Stolzenberg 2021
Raik Stolzenberg, Kunstschutz und SS-Ahnenerbe: eine Beziehung von Relevanz?, in: Hans-Werner Langbrandtner – Esther Rahel Heyer – Florence de Peyronnet-Dryden (Hgg.), Kulturgutschutz in Europa und im Rheinland. Franziskus Graf Wolff Metternich und der Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg, Köln – Weimar – Wien 2021, 309–344
Racz 2014
Alexander Racz, Das Alte Rathaus. Nürnbergs historischer Rathaussaal, Nürnberg 2014, URL:http://kunstnuernberg.de/der-historische-rathaussaal-nuernberg/ [9. Juni 2023]
Rosebrock 2012
Tessa Rosebrock, Die Büste der Bärbel von Ottenheim – eine "germanische Nofretete". Zur Erwerbung eines spätmittelalterlichen Skulpturenfragments in den 1930er Jahren, in: Cahiers alsaciens d’archéologie, d’art et d’histoire 55, 2012, 109–124
Sauvageot – Demouyv 2001
Claude Sauvageot – Patrick Demouyv, Reims. Die Kathedrale, Regensburg 2001
Schmitz 1925
Hermann Schmitz, Berliner Baumeister vom Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts, Berlin 1925
Schmitz 1926
Hermann Schmitz – Rathenau-Stift G.m.b.H (Hgg.), Schloss Freienwalde, Berlin 1927
Tralles 2005
Judith Tralles, Die Fotokampagnen des Preußischen Forschungsinstituts für Kunstgeschichte Marburg während des Zweiten Weltkriegs, in: Nikola Doll et al. (Hgg.), Kunstgeschichte im Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte einer Wissenschaft zwischen 1930 und 1950, Weimar 2005, 263–282
Vanhellemont 2022
Yves Vanhellemont, De torens: onafgewerkte dromen, in: Brecht Dewilde – Gilbert Huybens – David Mellaerts, De Sint-Pieterskerk Te Leuven. Geschiedenis, Architectuur en Patrimonium, Löwen 2022, 40–61
Voordeckers – Mellaerts – Gieben 2001
Marleen Voordeckers – David Mellaerts – Alex Gieben, De collegiale Sint-Pieterskerk Leuven, Regensburg 2001
Weißbrich 2014
Thomas Weißbrich, Die Schlacht an der Marne 1914, Deutsches Historisches Museum, Berlin 2014, URL: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-weltkrieg/kriegsverlauf/marne-1914.html (letzter Aufruf: 24. September 2023)
Wolter von dem Knesebeck 2014
Harald Wolter von dem Knesebeck (Hgg.), Paul Clemens Erbe. Das Kunsthistorische Institut Bonn (Opaion 1), Berlin 2014
Zentralinstitut für Kunstgeschichte 2018
Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Farbdiaarchiv zur Wand und Deckenmalerei, München 2018, URL: https://www.zikg.eu/photothek/bestaende/farbdia-archiv




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