Objektangaben:
Titel: Das Langhaus des Kölner Doms während einer Christmette
Urheber der Fotografie: August Kreyenkamp
Entstehungszeit der Aufnahme: 1921-1938
Technische Angaben: Fotografie, 18 x 13 cm
Provenienz: unbekannt
Kommentar:
Obwohl die Dokumentation von Ereignissen und der Lebenssituation in der Kölner Umgebung für den Fotografen August Kreyenkamp[1] nicht ungewöhnlich ist, so ist das Vorhandensein dieses Abzugs in der Fotosammlung des KHIs eher überraschend, da die Architektur durch die Lichtinszenierung undeutlich zu erkennen ist und das Ereignis mit Besuchern und festlicher Ausschmückung in den Vordergrund tritt.[2] Jedoch ist eine zeitliche Eingrenzung der Fotografie anhand von Details der Ausstattung möglich: Auffällig ist beispielsweise die Abwesenheit des Dreikönigsschreins, der sich erst seit 1948 hinter dem mittelalterlichen Hochaltar aus Drachenfelser Trachyt befindet.[3] An dieser Stelle befand sich zuvor der Klarenaltar, was sich hier allerdings aufgrund der Entfernung nur vermuten lässt.[4] Ein weiterer identifizierbarer Altar ist der Kreuzigungsaltar, der sich heute in einer der Chorkapellen befindet. Eine Datierung nach 1921 ist mittels der Skulptur des Erzengel Michaels festzulegen, die in diesem Jahr von Georg Grasegger als Denkmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Mitglieder der Dompfarrei gefertigt wurde.[5] Dass die Fotografie vor dem Zweiten Weltkrieg entstand, ist zum einen an den noch nicht vorgenommenen Schutzmaßnahmen zu erkennen: Die Fenster des Kölner Doms wurden zum Schutz vor Bombardierungen entnommen, um in einem Hochschutzbunker bis Kriegsende gelagert zu werden,[6] ebenso sind die Chorpfeilerfiguren ungeschützt; im Oktober 1939 wurden sie durch Holzkonstruktionen eingehaust, deren Hohlräume zum Schutz vor Druckwellen mit Sand gefüllt wurden.[7] Zum anderen ist der Dom noch unversehrt: Durch ihre Lage im Zentrum der Stadt, nahe den Eisenbahnschienen und der Hohenzollernbrücke, war die Kathedrale starken Bombardierungen ausgesetzt und wurde von 14 Fliegerbomben getroffen.[8] Vergleichsweise fertigte August Kreyenkamp 1930 eine Aufnahme ähnlicher Perspektive des Mittelschiffs gen Osten an, welche Positionen und Zustände der sichtbaren Ausstattung bestätigt.[9]
Jasmin Roth
Anmerkungen:
[1] August Kreyenkamp ist bekannt für seine momenthaft-wirkenden Aufnahmen, die sich von der Atelierfotografie unterscheiden und deren stilistische Eigenheiten er auch auf die Architekturfotografie anwandte. Zwar passte er sich auf Wunsch seiner Auftraggeber dem sachlichen, klaren Stil an, jedoch befinden sich auch Aufnahmen wie diese in seinem Nachlass, die eine andere Wirkung vermitteln; die Bewohner der Stadt beleben seine Fotografien. Vgl. Neu-Kock 1995, S. 11-16.
[2] In der Forschungsliteratur findet die Aufnahme daher keine Verwendung – mit Ausnahme von Pfitzner 1940; die Fotografie wurde zwar für die Rückseite der Publikation gewählt, steht allerdings nicht direkt im Zusammenhang mit dem Aufsatz.
[3] Vgl. Lauer 2006, S. 7. Der Dreikönigsschrein wurde nach seiner Vollendung (1225) in einer Reliquienkammer aufbewahrt; die nähere Betrachtung durch Laien und Pilger war lediglich durch ein Fenster möglich. Zwar war beim Neubau des Doms die Platzierung des Schreins in der Vierung, dem ideellen und optischen Mittelpunkt der Kathedrale vorgesehen – was eine radikale Abweichung von traditionellen Aufstellungen gewesen wäre – doch nach der Weihe des Chors 1322 wurde der Dreikönigsschrein in der Mittelkapelle des Chorumgangs platziert, da das Langhaus noch nicht fertiggestellt war. Nach der Aufklärung und Säkularisation entschied man sich 1864 für eine museale Präsentation, indem der Schrein in der neuen Schatzkammer des Nordquerhauses gelagert wurde. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Schrein anfangs in das Innere des Doms umgelagert, doch im Juli 1942 wurde er endgültig in einen Bunker verbracht. Die heutige Aufstellung im Binnenchor war zum Dombaufest 1948 nur als Provisorium angedacht. Vgl. Lauer 2006, S. 91-95; Möring 2019, S. 55; Füssenich 2022, S. 16; Schulten 1975, S. 6.
[4] Vgl. Pfitzner 1940, S. 3.
[5] Vgl. Lippert 2001, S. 366.
[6] Vgl. Rode 1949, S. 45; Möring 2019, S. 38f. Da die Entfernung der mittelalterlichen Fenster äußerst aufwendig und riskant war, versuchte man, die Fenster vor Ort durch Holzpaneele von innen und außen zu schützen; dies wurde bis Oktober 1939 umgesetzt. Doch aufgrund der gefährdeten Lage des Doms entschied man sich schließlich, die Fenster doch zu entfernen. Bis 1941 wurden alle Fenster, die mindestens bis ins 19. Jahrhundert zurückreichten, entfernt. Vgl. Möring 2019, S. 28, 37-40.
[7] Vgl. Hardering 2012, S. 64f. Nach Brand durch die Bombardierung am 30./31.05.1942 wurde die Verschalung zudem mit einem Verputz überzogen, um die Figuren effizienter zu schützen. Tatsächlich war nach der Entfernung der Verschalung lediglich eine Reinigung notwendig, da keine Schäden entstanden – anders als im Ersten Weltkrieg, da eine solche Verschalung nicht angebracht wurde und die Figuren der Witterung ausgesetzt waren, nachdem die mittelalterlichen Fenster des Chores entfernt wurden. Vgl. Hardering, S. 62-65.
[8] Vgl. Wolff 1995, S. 26.
[9] Vgl. Schnitzler 1937, Abb. 3; Pfitzner 1940, Abb. IX.
Literatur und weiterführende Links:
- Rheinisches Bildarchiv Köln, Kölner Dom, Langhaus nach Osten während einer Christmette, RBA Nr. mf005079, URL: https://www.kulturelles-erbe-koeln.de/documents/obj/05203638/rba_mf005079 [Aufgerufen am 30.11.2023].
- Füssenich, Peter: Der Dom. Die Kölner Kathedrale in der Fotografie seit 1850, Köln 2022.
- Hardering, Klaus: Die Chorpfeilerfiguren des Kölner Domes. Einführung und Restaurierungsgeschichte, in: Hardering, Klaus (Hrsg.): Die Chorpfeilerfiguren des Kölner Domes. Festschrift Barbara Schock-Werner (Kölner Domblatt 77), Köln 2012, S.46-69.
- Lauer, Rolf: Der Schrein der Heiligen Drei Könige, Köln 2006.
- Lippert, Hans-Georg: Historismus und Kulturkritik. Der Kölner Dom 1920-1960, Köln 2001.
- Möring, Niklas: Cologne Cathedral in World War II, Köln 2019.
- Neu-Kock, Roswitha: August Kreyenkamp. Ein Kölner Fotografenleben in der ersten Jahrhunderthälfte, Köln 1995.
- Pfitzner, Carlheinz (Hrsg.): Der Kölner Dom (Die Sammlung Parthenon – Neue Folge), Berlin 1940.
- Rode, Herbert: Die neuen Glasfenster des Domes, in: Der wiedererstandene Kölner Dom (Kölner Domblatt 2/3), Köln 1949, S.45-51.
- Schnitzler, Hermann: Der Kölner Dom, Bremen 1937.
- Schulten, Walter: Der Schrein der Heiligen Drei Könige im Kölner Dom, Köln 1975.
- Wolff, Arnold: Der Kölner Dom, Köln 1995.