Objektangaben:
Titel: Labyrinth von Chartres
Urheber*in der Fotografie: Unbekannte*r Fotograf*in/Foto Marburg
Entstehungszeit der Aufnahme: 1941
Technische Angaben: Fotografie, 12,5 × 17 cm
Provenienz: unbekannt
Kommentar:
Die Aufnahme vom Fußbodenmosaik im Langhaus der Kathedrale von Chartres entstand während des Zweiten Weltkrieges im Rahmen der Fotokampagne, die vom deutschen Kunstschutz veranlasst wurde.(1) Die Datierung dieser Fotografie ist dank der Erwähnung der Fotoarbeiten in Chartres von Franz Graf Wolff Metternich, Leiter der Abteilung „Kunstschutz“ in Frankreich, in seinem Abschlussbericht (1942) möglich. Von ihm wurde hervorgehoben, dass zum ersten Mal das berühmte Labyrinth (2) aus dem 13. Jahrhundert fotografiert werden konnte, da das Kirchengestühl, das normalerweise die Sicht auf das Fußbodenmosaik verdeckte, von 35 Kriegsgefangenen ausgeräumt worden war.(3)
Auf die Herkunft des Abzugs in der Bonner Fotosammlung weist die Beschriftung „FM 168 992“ auf der Rückseite der Pappe hin, auf der die Fotografie montiert ist. Diese Ziffernfolge gibt die Aufnahme-Nummer des Bildarchivs Foto Marburg wieder. Unbekannt ist aber, wann und wie der Abzug in die Sammlung gelangte. Möglicherweise kam dieser schon in den 1940er-Jahren zusammen mit anderen Aufnahmen aus der Fotokampagne nach Bonn, denn das Kunsthistorische Institut sollte – wie in einer Vereinbarung festgehalten – von allen neu entstandenen Fotografien einen Abzug erhalten. (4)
Anmerkungen:
(1) Geleitet von Richard Hamann, Ordinarius für Kunstgeschichte an der Universität Marburg und Leiter des Bildarchivs Foto Marburg, fertigten 16 Fotografen in den besetzten Gebieten Frankreichs insg. 22.000 Negative von Kunstdenkmälern und -Werken an. (Matyssek 2009, S. 198f.)
(2) Zum Labyrinth in Chartres siehe Kern, Hermann, Labyrinthe. Erscheinungsformen und Deutungen. 5000 Jahre Gegenwart eines Urbilds, München 1995, S. 225f.
(3) Eine gekürzte Version des Abschlussberichts ist von Anne Nagler in der Publikation „Die Philipps-Universität Marburg im Nationalsozialismus“ (S. 407-416, hier S. 410) veröffentlicht worden. Siehe dazu auch: Tralles 2005, S. 273; Dörler 2021, S. 223.
(4) Zu der Vereinbarung siehe Dörler 2021, S. 215, Anm. 20.
Literatur und weiterführende Links:
Bildarchiv Foto Marburg: https://www.bildindex.de/media/obj20863547/fm168992?medium=fm168992 [03.06.2023]
Dörler, Susanne, Fotokampagnen des Bildarchivs Foto Marburg für den Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg. Geschichte und Quellenlage, in: Langbrandtner, Hans-Werner et al. (Hrsg.), Kulturgutschutz in Europa und im Rheinland. Franziskus Graf Wolff Metternich und der Kunstschutz im Zweiten Weltkrieg, Göttingen 2021, S. 211-234
Matyssek, Angela, Kunstgeschichte als fotografische Praxis. Richard Hamann und Foto Marburg, Berlin 2009, S. 196-206
Nagel, Anne C., Die Philipps-Universität Marburg im Nationalsozialismus. Dokumente zu ihrer Geschichte, Stuttgart 2000
Tralles, Judith, Die Fotokampagnen des Preußischen Forschungsinstituts für Kunstgeschichte Marburg während des Zweiten Weltkriegs, in: Doll, Nikola et al. (Hrsg.), Kunstgeschichte im Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte einer Wissenschaft zwischen 1930 und 1950, Weimar 2005, S. 263–282
Hilja Droste