07. März 2024

Objekt des Monats März Objekt des Monats März

Eine Fotografie der Villa Acciaiuoli präsentiert von Rafaela Bermeo Tosi

Eine Fotografie der Villa Acciaiuoli präsentiert von Rafaela Bermeo Tosi

Das Castello Acciaiuoli
Das Castello Acciaiuoli © KHI, Bonn
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Objektangaben:

Titel: Das Castello Acciaiuoli

Urheber*in der Fotografie: Edizioni Brogi

Entstehungszeit der Aufnahme: 1907– 1932

Technische Angaben: Fotografie, 25cm x 20 cm

 

Kommentar:

Die Fotografie zeigt die toskanische Villa Acciaiuoli im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Sie hält den Moment fest, in dem ein Automobil auf der Straße entlang fährt, und kontrastiert dadurch das mittelalterliche Gebäude im Hintergrund mit dem technischen Fortschritt der Zeit. Im Hinblick auf die Produktionszeit ähnlicher Automodelle kann die Aufnahme nach 1907 datiert werden.[1] Sie muss aber vor 1932 entstanden sein, als sie bereits im Katalog des Verlags Giacomo Brogi aufgeführt wird.[2]

Die hier zu sehende Villa hat große Bedeutung für die Kunstgeschichte. Die Anfänge des Baus, der heute vor allem unter dem Namen Castello di Montegufoni bekannt ist, gehen auf das Ende des 12. und den Beginn des 13. Jahrhunderts zurück.[3] Anfang des 20. Jahrhunderts, im November 1909, erwarb der britische Kunstliebhaber Sir George Sitwell eine Hälfte des Schlosses[4] und kümmerte sich um ihre Renovierung. Die Geschichte der Villa ist während des Zweiten Weltkrieges von der Beschlagnahmungspolitik der Mussolini-Regierung sowie des italienischen und des deutschen Kunstschutzes in Italien geprägt.

Vor 1942 wurde die Villa von der italienischen EGELI[5] enteignet, da Sitwell als Brite als Feind des Duces galt. Ende 1942 beschloss Giovanni Poggi, der Direktor der Florentiner Galerien, zusammen mit dem Ministerium für Volksbildung der Mussolinis Regierung aus Angst vor Verlusten durch alliierte Bombenangriffe, eine Reihe von Gemälden, die seit 1940 in verschiedenen Museen und Villen der Stadt gelagert worden waren, an weiter entfernte und sicherere Orte zu bringen.

So wurden ab dem 18. November 1942[6] bedeutende italienische Kunstwerke, die ursprünglich der Galleria Pitti, den Uffizien und der Accademia gehörten, in die Villa Acciaioli gebracht und dort gelagert. Unter den hier eingelagerten Werken sind zu nennen: Die "Vergine in Trono" von Cimabue, die "Madonna Rucellai" von Duccio, die "Madonna in Trono" von Giotto, "La Primavera" von Botticelli, sowie Werke von Masaccio, Ghirlandaio, Rubens, Lippi und anderen.

Guido Masti, seit Sitwells Zeiten Hausmeister und Gärtner der Villa, war während des Krieges Poggis Beauftragter für die Instandhaltung dieser Werke.[7] Ende 1943 stellte ihm Poggi sogar einen von Generalfeldmarschall Kesselring, dem Oberbefehlshaber der deutschen Regierung in Italien[8], unterzeichneten Sonderbefehl zum Schutz von Kunstdenkmälern aus, der den Truppen den Zutritt zum Schloss untersagte. Dieser Befehl wurde im Juli 1944[9] von deutschen Truppen ignoriert, die sich kurzzeitig in der Villa einquartierten. Die Werke überstanden die deutsche Besetzung im Juli 1944 und die Befreiung durch indische Truppen der Alliierten[10], bis zur Rückgabe an die jeweiligen Museen. Insgesamt beherbergte die Villa in den letzten Kriegsjahren 272 Meisterwerke.[11]

Rafaela Bermeo Tosi


Anmerkungen:
[1] Feundliche schriftliche Mitteilung von Centro Storico FIAT Via Chiabrera 24/A 10126 Torino – Italy, 08.02.24.
[2] Brogi 1932, S. 195.
[3] Vgl. Hinterkeuser 1995, S. 307.
[4] Vgl. Seward 2015, S. 86f. Transkript eines Briefes von George Sitwell an Sir Osbert Sitwell. Sir George Sitwell verbrachte Jahre damit, die andere Hälfte der Villa von den über 150 Bauern, die dort lebten, zu kaufen und umzugestalten.
[5] EGELI war die Stelle, die für die Liquidation des enteigneten Vermögens der Juden in Italien zuständig war. Sie war auch für die Enteignung der Feinde Mussolinis zuständig.
[6] Vgl. Pestelli 2017, S. 6. Mehrere Lieferungen von Kunstwerken erfolgen zu verschiedenen Terminen, die letzten beiden Transporte fanden am 25. November statt (Siehe Ebda., S. 11).
[7] Vgl. Pestelli 2017, S. 5ff.
[8] Vgl. Ebda. S. 13ff.
[9] Vgl. Ebda. S. 15 ff.
[10] Vgl. Seward 2015, S. 153.
[11] Vgl. Pestelli 2017, S. 11.

Literatur und weiterführende Links:

Brogi 1932
Catalogo delle Fotografie pubblicate dalla dita Giacomo Brogi. Firenze e Toscana. Pitture, Vedute, Sculture, ecc., Florenz 1932

Gestioni EGELI
Gestioni EGELI, Ente di Gestione.e Liquidazione Immobiliare, Fondazione 1563

Hinterkeuser 1995
Guido Hinterkeuser, Die Villa Acciaioli in Montegufoni. Zum Einfluss des Römischen Barocks auf die Architektur in der Toskana, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz 39 (1995), S. 306–373

Pestelli 2017
Andrea Pestelli, La “Primavera” del Botticelli nel Castello di Montegufoni durante la Guerra, (1943-45), 2017

Seward 2015
Desmond Seward, Renishaw Hall: The Story of the Sitwells, London 2015

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