Sammlungsgeschichte
Die mit der Institutsgründung 1902 angelegte Schausammlung von Gipsabgüssen berühmter Kunstwerke des Kunsthistorischen Instituts bildet einen Großteil des Bestandes des 2013 gegründeten Paul-Clemen-Museums. Durch Schenkungen, Ankäufe und die seit vielen Jahrzehnten kontinuierlichen Ausstellungsaktivitäten am Kunsthistorischen Institut verfügt das Paul-Clemen-Museum auch über eine wachsende Sammlung zeitgenössischer Werke und über ausgesuchte Lehr-Remades der Moderne.
Die erste Sammlung von Gipsabgüssen
Wie der Ausbau von Bibliothek und Photothek ging auch die Einrichtung der Gipsabguss-Sammlung von Paul Clemen (1866–1947) aus, der das Kunsthistorische Institut in den 33 Jahren seines Wirkens (1902-1935) maßgeblich prägte. Schon während seiner Tätigkeit als Provinzialkonservator hatte Clemen den Aufbau einer kunsthistorischen Abguss-Sammlung geplant und nach seinem Amtsantritt am Kunsthistorischen Institut 1902 systematisch betrieben. 1913 konnte er die "Skulpturenhalle" eröffnen, die sich in dem glasgedeckten Binnenhof befand. Bis 1936 baute Clemen die Sammlung stetig aus, sein Nachfolger Alfred Stange setzte dies fort. Zwischen 1902 und 1944 kamen gut 600 Exponate zusammen. Sechs (vermeintliche) Originalskulpturen der italienischen Renaissance, Leihgaben des Kaiser-Friedrich-Museums Berlin, ergänzten den Bestand.
Die ursprüngliche Aufstellung
Das zeitgenössische Foto (oben) zeigt den Blick von der Italienabteilung zur Eingangswand an der Hofgartenseite. Dort befanden sich die Abgüsse mittelalterlicher Skulptur und Bauplastik aus Frankreich und Deutschland.
Die Mitte der insgesamt sechsjochigen Oberlichthalle galt der spätmittelalterlichen und neuzeitlichen Skulptur in Deutschland und Frankreich bis zu Rodin. Die beiden stadtseitigen Joche nahmen die italienischen Bildwerke des späten Mittelalters und der Renaissance auf, deren Zentrum seit 1921 Michelangelos Moses (an der Schmalseite) bildete.
Kriegszerstörung
Im Unterschied zur Institutsbibliothek, die im September 1941 in einem Keller der Universität geschützt untergebracht wurde, hat man die Gipsabgüsse während des Zweiten Weltkrieges nicht ausgelagert. So wurde die Skulpturenhalle im Oktober 1944 bei einem Bombenangriff stark in Mitleidenschaft gezogen, danach der Bestand durch Diebstahl und Witterungsschäden weiter dezimiert. Erst zwei Wochen später wurde der verbliebene und teils stark beschädigte Bestand schließlich in den Keller geborgen.
Erhaltung und Erweiterung der Sammlung im Rahmen des Paul-Clemen-Museums
Mit der Berufung von Harald Wolter-von dem Knesebeck tat sich 2008 eine neue Zukunftsperspektive auf. Er finanzierte aus Berufungsmitteln die Restaurierung und Neupräsentation bislang deponierter Stücke und erweiterte die Sammlung um zahlreiche Neueinkäufe, u.a. für die Abteilung der Elfenbeine. Die Abgüsse kamen in Folge wieder verstärkt in der Lehre zum Einsatz. Seit Frühjahr 2010 war eine Gruppe engagierter Studierender unter seiner Leitung mit der Bearbeitung befasst, so dass die Sammlung im Frühjahr 2013 als Paul-Clemen-Museum mit der mittelalterlichen Abteilung wiedereröffnet werden konnte.
Erneuerung der Italienabteilung
Im Juni 2015 wurde dank zahlreicher Sponsor*innen auch die im Krieg besonders schwer getroffene italienische bzw. neuzeitliche Sektion mit alten, teilweise aufwändig restaurierten und vielen neu erworbenen Stücken eröffnet.
Die Bundeskunsthalle überließ vier wertvolle Abgüsse von großen Statuen Michelangelos. Der italienische Fotokünstler Massimo Listri schenkte dem Museum eines seiner Großfotos der Medici-Kapelle. Für ihren großen, ehrenamtlichen Einsatz erhielt die sechsköpfige Gruppe von Studierenden, die gemeinsam mit Georg Satzinger die Neueinrichtung bewerkstelligte und durch eine Publikation erschlossen hat, 2016 den Initiativpreis der Bonner Universitätsgesellschaft.
Ausblick
Im letzten Jahrzehnt ist die Sammlung des Paul-Clemen-Museums durch Schenkungen, Ankäufe und Leihgaben auch um originale Werke der modernen und zeitgenössischen Kunst gewachsen. Hinzu kamen Repliken berühmter Readymades der Klassischen Moderne. Die inzwischen wieder auf 400 Stück angewachsene Abgusssammlung nach mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bildwerken war zum 200. Jubiläum der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität 2018 bis auf wenige Ausnahmen wieder in vollem Umfang zugänglich und für die Lehre nutzbar, wenn auch nicht wie einstmals in einer einzigen Halle, sondern auf mehrere Standorte im und am Institut verteilt. Angesichts der 2023 beginnenden umfangreichen Sanierungsarbeiten am ehemaligen Stadtschloss steht nun ein Umzug bevor. Es sind noch beträchtliche Restaurierungs-Anstrengungen nötig, um zahlreiche wertvolle Stücke transportfähig zu machen. Auch wird manche durch den Krieg geschlagene Lücke in Zukunft hoffentlich noch durch Neuankäufe zu schließen sein. Dabei hoffen wir auf weitere Unterstützung durch bewährte sowie neue Gönner*innen.